DANK-Studie zeichnet ein unzutreffendes Bild der Marktkommunikation für Lebensmittel

Werbeverbote sind kein geeignetes Mittel gegen Übergewicht

Der ZAW weist die Forderung des Aktionsbündnisses DANK für ein Verbot von Lebensmittelwerbung gegenüber Kindern zurück. Die Studie „Kindermarketing für ungesunde Lebensmittel in Internet und TV“ vermittelt den unzutreffenden Eindruck, das Problem von Übergewicht und Adipositas bei Kindern durch Werbeverbote lösen zu können.

Die Studie klammert die vielfältigen Ursachen für Übergewicht von Kindern vollständig aus und behauptet, dass Werbung der dominierende Faktor hierfür sei. Dabei liegt die Verantwortung für Ernährung, Bewegung oder Bildung von Kindern in erster Linie bei den Eltern und dem sozialen Umfeld.

Die Studie verkennt auch die Verantwortung der Eltern für den Medienkonsum von Kindern u.a. in sozialen Netzwerken. Die in der Untersuchung genannten Plattformen dürfen nach ihren Nutzungsbedingungen von der betrachteten Gruppe der 3- bis 13-Jährigen nicht genutzt werden, YouTube ist ohne elterliche Freigabe erst ab 16 Jahren erlaubt, Facebook, Instagram und TikTok ab 13 Jahren.

Erfahrungen im Ausland zeigen deutlich, dass die Einführung von Werbeverboten nicht zu weniger Übergewicht geführt hat: In Europa, etwa in UK oder in Norwegen, haben Verbote von Lebensmittwerbung gegenüber Kindern nicht dazu geführt, dass der Anteil übergewichtiger Kinder gesunken ist. In Südkorea stieg die Zahl sogar trotz eines eingeführten Werbeverbots. Die Realität belegt, dass Kommunikationsverbote im Kampf gegen Übergewicht und Adipositas nicht erfolgversprechend sind.

Die plakativen Ergebnisse der Studie sind bei genauerem Hinsehen durch methodische Unzulänglichkeiten erkauft. Der herangezogene Indikator der sogenannten „Ad-Impression“ ist nicht geeignet, um die getroffenen Aussagen zu belegen. Werbung, die von einem Server technisch ausgeliefert wird, ist nicht gleichzusetzen mit Wahrnehmung oder gar handlungsauslösender Werbewirkung. Wer selbst im Internet surft weiß, dass dem nicht so ist. Im Fernsehen wiederum ist die entscheidende Größe, die Sehdauer der 3- bis 13-Jährigen, seit Jahren rückläufig und beträgt 2020 durchschnittlich nur 58 Minuten. Die Vorgehensweise, werbefreie, aber intensiv genutzte Fernsehkanäle aus den Berechnungen auszuklammern, ist ebenfalls methodisch nicht überzeugend. KIKA hat den zweithöchsten Marktanteil bei den 3- bis 13-Jährigen, schaltet aber keine Werbung. Dieser Umstand wird in der „Werbestatistik“ der Studie nicht miteinberechnet. Auch der ausgewählte Zeitraum für die Fernsehnutzung von 6:00 bis 22:00 Uhr entspricht nicht der Lebenswirklichkeit von 3- bis 13-Jährigen.

Die Lebensmittelwirtschaft hat sich verpflichtet, die Vorgaben der „Verhaltensregeln des Deutschen Werberats über sämtliche Formen der kommerziellen Kommunikation für Lebensmittel“ einzuhalten, um der besonderen Schutzbedürftigkeit von Kindern Rechnung zu tragen. Gemäß den Verhaltensregeln ist in der Werbung alles zu unterlassen, was als Aufforderung zu einer übermäßigen und einseitigen Ernährung verstanden werden könnte. Gegenüber Kindern kommen weitere inhaltliche Beschränkungen der Werbung hinzu. Die Studie klammert diese Ebene aus. Fachlich ist dies nicht nachvollziehbar – und politisch durchsichtig.

Der ZAW fordert konstruktive Maßnahmen, die alle Ursachen von Übergewicht und Adipositas bei Kindern angehen. Im Zusammenspiel aller Beteiligten werden sich nachhaltige positive Effekte zeigen. Die zu adressierenden Handlungsfelder sind insbesondere Bildungsarbeit, eine ausgewogene Kita- und Schulverpflegung sowie die nachhaltige Förderung von Bewegung und Medienkompetenz. Die Industrie ist bereit, ein aktiver Teil der Lösung zu sein, auch bei der Marktkommunikation, lehnt aber eine Politik im einseitigen Verbotsmodus wider die Fakten entschieden ab.

Katja von Heinegg wird ZAW-Geschäftsführerin

Katja Heintschel von Heinegg vertritt ab März als Geschäftsführerin des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft die Interessen des ZAW. Gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer Bernd Nauen bildet sie die Verbandsgeschäftsführung. Sie war bisher stellvertretende Geschäftsführerin des Spitzenverbands der Werbewirtschaft.

Von Heinegg ist bereits seit 2007 in verschiedenen Funktionen für den ZAW tätig, seit Oktober 2019 ist sie stellvertretende Geschäftsführerin. Sie bleibt verantwortlich für Europaangelegenheiten und relevante werbepolitische Themen des Dachverbands der Werbewirtschaft.

Gleichzeitig wird die Juristin Geschäftsführerin des Deutschen Werberats, der Selbstkontrolleinrichtung der Werbewirtschaft, in Brüssel hat sie den Vorsitz des Selbstregulierungskomitees der europäischen Organisation der Werbeselbstkontrolle EASA inne.

„Katja Heintschel von Heinegg steht mit ihrer langjährigen ZAW-Erfahrung für Kontinuität bei der Wahrnehmung des umfassenden ZAW-Mandats. Ihre Expertise und Begeisterung für die europarechtlichen Themen sowie ihre fundierten Kenntnisse der nationalen Werbethemen bringen die zukunfts-orientierte Entwicklung des ZAW weiter voran“, kommentiert Andreas F. Schubert, Präsident des ZAW, die Entscheidung.

Fahrplan für neues nationales Datenschutzstammgesetz (TTDSG) absehbar

Mit dem Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG) sollen die bisher im Telekommunikationsgesetz (TKG) enthaltenen Bestimmungen zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses und des Datenschutzes sowie die im Telemediengesetz enthaltenen Bestimmungen zusammengeführt werden. Der vom Bundeskabinett am 10. Februar 2021 beschlossene Gesetzentwurf der Bundesregierung steht im Zusammenhang mit dem bereits vorgelegten Entwurf für ein neues Telekommunikationsgesetz, der bereits im April im Bundestag zur Abstimmung steht. Nach den Plänen der Bundesregierung könnte das TTDSG zusammen mit dem TKG im September 2021 in Kraft treten.

Das TTDSG steht „im Zentrum existenzieller Regulierungsfragen für die digitale Werbewirtschaft“, wie der ZAW in seiner Stellungnahme zu dem Referentenentwurf formuliert hat. Aus der Sicht der Werbewirtschaft ist der Entwurf bemerkenswert unambitioniert und nicht geeignet, um auf nationaler Ebene das Versprechen der Bundesregierung einzuhalten, das sie bei den laufenden Beratungen zur E-Privacy-VO im Rahmen ihrer Ratspräsidentschaft gegeben hat: „Die Erhaltung und Förderung innovativer Geschäftsmodelle in der digitalen Welt, insbesondere im Hinblick auf die Wettbewerbsfähigkeit der in der Union ansässigen kleinen und mittleren Unternehmen und Start-ups gegenüber den außerhalb der Union ansässigen großen Marktteilnehmern“.  Das TTDSG trägt aus der Sicht des ZAW nichts Wesentliches zur Rechtssicherheit bei, lässt im Interesse der Nutzerautonomie und der Wettbewerbsfairness liegende Optionen unberücksichtigt und könnte sogar bislang beanstandungslos praktizierte notwendige Datenverarbeitungen delegitimieren, darunter auch solche, die bei den Verhandlungen zur e-Privacy-Verordnung Anerkennung finden. Der ZAW wird sich im weiteren Verfahren einbringen und auf die drohende Regulierung im Rückwärtsgang aufmerksam machen.

Der Bundesrat wird am 26. März 2021 seine Stellungnahme abgeben. Die erste Lesung im Bundestag ist derzeit für den 25. März 2021 terminiert.

E-Privacy-Verordnung geht in die Trilog-Verhandlungen

Am 10. Februar haben die Botschafter der Mitgliedstaaten im Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) ein Mandat für Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament über den Vorschlag für eine Verordnung zur Überarbeitung der E-Privacy-Richtlinie angenommen. Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft kann nun die Trilog-Verhandlungen mit Vertretern des Europäischen Parlaments und der Kommission aufnehmen. Einen Überblick über die erste Reaktion europäischer Stakeholder auf das Ratsmandat finden Sie hier. Mit dem Start der Verhandlungen zu den werbewirtschaftlichen Themen des Mandats wird erst nach Abschluss der Verhandlungen zu bestimmten anderen Themen des Dossiers, die zuvor herausgelöst wurden, gerechnet.

Der Ratsbeschluss ist aus Sicht des ZAW gegenüber dem Kommissionsvorschlag punktuell spürbar verbessert, tragfähig ist er jedoch noch nicht. Sehr positiv ist, dass der Ratstext die Anbieter von Internetzugangssoftware verpflichtet, die gegenüber Internetangebotenen erteilten Einwilligungen von Nutzern ohne weiteres umzusetzen. Dies ist aus der Sicht der Nutzerautonomie wie auch aus Gründen der Wettbewerbsgleichheit zu begrüßen. Erfreulich ist überdies, dass der Rat verbesserte Formulierungen für Verarbeitungen vorsieht, die zur Erbringung eines angeforderten Internetangebots erforderlich sind, und auch eine spezifische Regelung zu Reichweitenmessungen vertreten wird, die diese wichtigen marktforscherischen Messungen legitimiert. Die Ausführungen zur Zulässigkeit des aus Sicht des ZAW ebenso notwendigen wie nachvollziehbaren Bedingungszusammenhangs zwischen der Nutzung eines werbefinanzierten Internetangebots und der Erteilung einer Einwilligung in die datenbasierte werbewirtschaftliche Finanzierung des Angebots bedürfen jedoch nach wie vor der Nachbesserung.

Weiterhin zu bemängeln ist, dass der Rat keine hinreichenden Antworten auf praktische Regulierungsfragen für Verzeichnismedien gefunden hat, die der Wettbewerbsrealität ausreichend Rechnung tragen, und bei der Regulierung des Direktmarketings teilweise überschießende Vorschläge verabschiedet hat.

Aus der Sicht des ZAW ist es entscheidend, dass die im Mandat enthaltenen Verbesserungen nicht verwässert und die weiterhin kritischen Teile des Entwurfs nachhaltig verbessert werden. „Die geplante Verordnung ist der denkbar schlechteste Ort für unausgewogene Formelkompromisse und ideologische Einseitigkeit. Es geht nicht um Tracking oder Datenschutz. Es geht um die unternehmerischen Überlebensbedingungen für europäische Internetangebote. Sie können im Einklang mit den geschützten Interessen der Nutzer reguliert werden und müssen dies auch. Andernfalls würden die Plattformen zuerst zu den Gatekeepern über die Daten und dann über die Informationen und Meinungen im Netz werden“, gibt Bernd Nauen, ZAW Hauptgeschäftsführer, zu bedenken.

EU-Strategie zur Krebsbekämpfung enthält Werbebeschränkungen und Zwangshinweise

Die EU-Kommission hat am 3. Februar ihre Strategie zur Bekämpfung von Krebs, ‚Europe’s Beating Cancer Plan‘, verabschiedet. Der Plan gliedert sich in die vier Bereiche Prävention, Krebsfrüherkennung, Behandlung und Krebsfolgenfürsorge. Werbung wird im Teil Prävention adressiert – Bürger sollen zu einem Lebensstil animiert werden, der sie resistenter werden lässt. Aus dem Plan gehen Vorschläge für die Einschränkung der Marktkommunikation in den Bereichen Tabak, Alkohol und Lebensmittel, die mit Risiken für eine Krebserkrankung in Verbindung gebracht werden, hervor. Hier ein Überblick:

Online-Marketing und Werbung für alkoholische Getränke sollen künftig insbesondere weniger junge Menschen erreichen. Hier soll insbesondere die Implementierung der AVMD-Richtlinie ausgewertet werden. Im Jahr 2022 soll ein Umsetzungsbericht zu den Vorgaben der AVMD-Richtlinie zur kommerziellen Kommunikation zu HFSS- Lebensmitteln erarbeitet werden. Vor Ende 2022 soll zudem ein europäischer Regulierungsvorschlag für Pflichthinweise zu Inhaltsstoffen und Nährstoffen für alkoholhaltige Getränke vorgelegt werden.

Neben der strengen Durchsetzung bisheriger Tabak-Werbeverbote, werden strengere Regeln auch für neuartige Produkte wie E-Zigaretten gefordert. Zudem wird mit sogenanntem ‚Plain Packaging‘ die Umstellung auf neutrale Verpackungen mit neutraler Schrifttype ohne individuelle Markenkennzeichnung angestrebt. Ziel ist eine ‚Generation Rauchfrei‘ bis 2040, d.h. eine Tabakkonsumentenquote von weniger als 5 Prozent der Gesamtbevölkerung.

Auch der Bereich Ernährung wird thematisiert. Ungesunde Ernährung, daraus resultierende Fettleibigkeit sowie Bewegungsmangel werden als Hauptursachen für Krebserkrankungen gesehen. Um die Bevölkerung zu einer gesünderen Ernährungsweise zu bewegen, wird auf die Farm to Fork-Strategie verwiesen. Diese sieht u.a. eine verpflichtende Nährwertkennzeichnung nach einem einheitlichen EU-Nährwertprofil auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen vor. Ein Regulierungsvorschlag der Kommission soll bis Ende 2022 vorliegen. Es ist davon auszugehen, dass Werbeverbote bei den Überlegungen der Kommission eine Rolle spielen.

Das Europäische Parlament wird einen Bericht zum Europäischen Krebsbekämpfungsplan erarbeiten und voraussichtlich eigene Vorschläge zu Regulierungsmöglichkeiten einbringen. Der ZAW wird sich im Zuge der weiteren Debatte für die Vermeidung von Werbeverboten und gegen die Einführung von Pflichtangaben in der Werbung sowie die Stärkung der selbstregulatorischen Institutionen der Werbewirtschaft einsetzen.