Verbraucher

Noch in diesem Jahr muss Deutschland eine auf Leistung gerichtete Verbandsklage einführen – für die Werbewirtschaft zentral ist dabei das Festhalten an einem echten „Opt-in“-Prinzip, wie es sich zuletzt auch bei der Musterfeststellungsklage bewährt hat. Es gilt, die europäischen Vorgaben im nationalen Recht so umzusetzen, dass die bestehende Zivilprozessordnung erhalten bleiben kann und kein Anreiz für missbräuchliche Sammelklagen vor deutschen Gerichten geschaffen wird.

Die Umsetzung der europäischen „Richtlinie über Verbandsklagen zum Schutz der Kollektivinteressen der Verbraucher“ in nationales Recht verlangt von Deutschland, bis zum Ablauf der Umsetzungsfrist am 25. Dezember 2022 eine auf Leistung gerichtete Verbandsklage einzuführen – ein Novum im deutschen Recht. Die Richtlinie bietet den Mitgliedstaaten einen großen Gestaltungsspielraum und ihre Umsetzung ist auch für die (Werbe-)Wirtschaft von hoher Relevanz. Prof. Alexander Bruns von der Universität Freiburg hat im Auftrag des ZAW und anderer Spitzenverbände der deutschen Wirtschaft Anforderungen und Vorschläge  zur Umsetzung in die deutsche Zivilprozessordnung erarbeitet, die notwendig sind, um die europäischen Vorgaben zu erfüllen, aber Anreize zu missbräuchlichen Klagen verhindern.

ECHTES „OPT-IN“-PRINZIP BEACHTEN

Von zentraler Bedeutung ist aus Sicht der Werbewirtschaft vor allem das Festhalten an einem echten „Opt-in“-Prinzip, wie es sich bei der Musterfeststellungsklage bewährt hat. Dementsprechend ist ein Mandat der betroffenen Verbraucher in jedem Fall zu Beginn des Verfahrens zu verlangen. Nur so können die Verfahrensrechte der Verbraucher, insbesondere der Anspruch auf rechtliches Gehör, gewahrt werden. Für den Beklagten wiederum wären ohne rechtzeitiges Opt-in die Folgen eines Rechtsstreits in keiner Weise plan- und kalkulierbar. Um Missbrauch zu verhindern, ist darüber hinaus zu fordern, dass während des gesamten Verfahrens sichergestellt wird, dass eine relevante Anzahl von Verbrauchern den betreffenden Verstoß gegen verbraucherschützende Vorschriften geltend macht. Dies ist erforderlich, um den Zweck von Verbandsklagen, kollektive Verbraucherinteressen zu vertreten, zu verwirklichen. Klagen eines Verbands ohne Nachweis der betroffenen Verbraucher zur Schädigung der Wirtschaftsunternehmen muss effektiv vorgebeugt werden. Zudem muss sichergestellt werden, dass eine etwaige Hemmung oder Unterbrechung der Verjährung an die Verfahrensbeteiligung des Verbrauchers gekoppelt ist. Andernfalls könnte dieser den Ausgang des gerichtlichen Verfahrens abwarten und erst dann eine eigene Beteiligung erklären. Für die betroffenen Unternehmen auf der Gegenseite muss indes von vornherein feststehen, auf wen sich die Hemmung bzw. Unterbrechung der Verjährung erstreckt, um sich nicht einer unübersehbaren Vielzahl potenzieller Ansprüche gegenüberzusehen.

ANFORDERUNGEN AN KLAGEBEFUGTE EINRICHTUNGEN

Der ZAW tritt dafür ein, einheitliche hohe Anforderungen an klagebefugte Einrichtungen, ohne Unterscheidung zwischen innerstaatlichen und grenzüberschreitenden Verbandsklagen, zu stellen. Auch sollten keine Klagen durch ad hoc-Einrichtungen zugelassen werden. Nur so können missbräuchliche Klagen wirksam verhindert werden. Bei Einrichtungen, die erst „ad hoc“ zur Einreichung einer konkreten Sammelklage eingerichtet werden, kann dies nicht gewährleistet werden, weil keine ausreichende Prüfung der Einrichtung über einen längeren Zeitraum erfolgen kann. Weitere Punkte betreffen die Beachtung des „loser-pays“- Prinzips, das Verbot des Strafschadensersatzes sowie den Ausschluss von Erfolgshonoraren. Insgesamt ist die Politik gefordert, Missbrauchsrisiken effektiv abzuhelfen und gleichzeitig die Unternehmen nicht erheblichen neuen Prozessrisiken auszusetzen.

| Stand: April 2022