Gesundheitswesen

Der im Heilmittelwerbegesetz (HWG) festgelegte Pflichthinweis zur Bewerbung von Arzneimitteln wurde aus gleichstellungspolitischen Gründen überarbeitet. Seit Dezember 2023 müssen sich Verbraucher an eine neue Formulierung gewöhnen, auch wenn diese aus Sicht der Werbewirtschaft ungenügend umgesetzt wurde. Auf europäischer Ebene wird das EU-Arzneimittelrecht überarbeitet.

Änderung des HWG

Der in Art. 4 Abs. 3 HWG festgelegte Pflichthinweis „Zu Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ ist wohl den meisten Menschen in unserer Gesellschaft bekannt. Dieser Pflichthinweis wurde 2023 im Zuge des Gesetzes zur Bekämpfung von Lieferengpässen bei patentfreien Arzneimitteln und zur Verbesserung der Versorgung mit Kinderarzneimitteln (ALBVVG-Ref-E) überabeitet. Ziel war es, alle in den genannten Berufen arbeitenden Personen auch sprachlich abzubilden. Seit dem 27.12.2023 gilt die neue verpflichtende Formulierung, die vorsieht, dass die bisherige Formulierung durch „…fragen Sie Ihre Ärztin, Ihren Arzt oder in Ihrer Apotheke“ ersetzt wird. Der ZAW begrüßt zwar ausdrücklich das Bestreben, gleichstellungspolitischen Aspekten Rechnung zu tragen und durch einen geänderten Pflichthinweis mehr Personen Sichtbarkeit zu verschaffen. Allerdings greift die Umsetzung dieses Ziels hier zu kurz. In Bezug auf den ärztlichen Heilberuf werden nun zwar beide binären Geschlechtsformen eingeschlossen, die neue Formulierung ist jedoch mit Blick auf nichtbinäre Geschlechtsidentitäten unvollständig. Diverse Personen werden weiterhin nicht vom Pflichthinweis umfasst. Zudem ist der Pflichthinweis durch die Mischung von ‚Ärztin und Arzt‘ auf der einen Seite aber ‚in der Apotheke‘ auf der anderen Seite für die Verbraucher verwirrend. Es steht deshalb zu befürchten, dass § 4 Abs. 3 HWG in näherer Zukunft erneut überarbeitet werden könnte. Der ZAW hatte im Gesetzgebungsverfahren vorgeschlagen, ‚ärztliche Praxis oder Apotheke‘ als Formulierung zu wählen und so alle Geschlechter – binäre und nichtbinäre Identitäten – einzuschließen. Zudem hätte dieser Warnhinweis die audiovisuelle Kommunikation nicht zeitlich überfrachtet.

Revision des EU-Arzneimittelrechts

Die EU-Kommission schlug am 26.04.2023 eine Reform des EU-Arzneimittelrechts vor, die zwei neue Legislativvorschläge enthielt: eine neue Richtlinie und eine neue Verordnung, die den EU-Rechtsrahmen für alle Arzneimittel darstellen, vereinfachen und die früheren Arzneimittelvorschriften ersetzen sollen1. Die werbewirtschaftlich relevanten neuen Vorgaben umfassen das Verbot jeder Form von Werbung, die darauf abzielt, ein anderes Arzneimittel negativ hervorzuheben. Damit werden die Vorgaben zu vergleichender Werbung im Arzneimittelbereich nachgeschärft. Hierzu hat der ZAW im Frühjahr 2023 auf nationaler und im Herbst 2023 auf europäischer Ebene Stellung genommen. Die bestehenden Werberegeln im EU-Arzneimittelrecht sind nach wie vor zweckmäßig und ausreichend, es bedarf keiner größeren Überarbeitungen. Dennoch begrüßt der ZAW das Ziel, Mitbewerber vor Herabsetzung und Verunglimpfung zu bewahren und Verbraucher zu schützen. Werbung für Arzneimittel sollte darauf abzielen, objektive und unvoreingenommene Informationen zu verbreiten und damit die öffentliche Gesundheit zu schützen. Hierbei sollte allerdings darauf geachtet werden, dass die Änderungen und neu geplanten Vorschriften bezüglich der EU-Humanarzneimittel keine Überschneidungen mit bereits bestehenden Regelungen darstellen. Das Plenum des EU-Parlaments hat seine Position zur Reform des EU-Arzneimittelrechts am 10. April angenommen. Hinsichtlich der Werbevorschriften mit minimaler Änderung zum Entwurf der Kommission. Das nach den Wahlen im Juni neu zusammengesetzte Parlament wird dann im Herbst Trilogverhandlungen mit Kommission und Rat beginnen – vorausgesetzt, der Rat hat sich bis dahin auf eine gemeinsame Ausrichtung geeinigt. Denkbar ist damit eine Verabschiedung der Richtlinie Anfang 2025, die dann zu einer erneuten Überarbeitung des HWG führen dürfte. | Stand: April 2024