Wettbewerb

Um die Vorgaben des europäischen „New Deal for Consumers“ umzusetzen, ist das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) im vergangenen Jahr an vielen Stellen überarbeitet worden: Erstmals steht Verbrauchern nun ein Individualanspruch auf Schadensersatz auf Grundlage des UWG zu. Der Gesetzgeber entschied sich erfreulicherweise dagegen, eine Bestätigungslösung für telefonisch geschlossene Verträge einzuführen – trotzdem findet sich dieses Vorhaben nun im Koalitionsvertrag wieder.

Am 28. Mai 2022 tritt das Gesetz zur Stärkung des Verbraucherschutzes im Wettbewerbs- und Gewerberecht in Kraft, das eine Reihe werbewirtschaftlich bedeutsamer Neuerungen vorsieht: So erhalten Verbraucher erstmals einen Anspruch auf Schadensersatz bei schuldhaften Verstößen von Unternehmern gegen verbraucherschützende Vorschriften des UWG – ein Paradigmenwechsel im Vergleich zum bisherigen Ansatz, wonach die privatrechtliche Rechtsdurchsetzung des UWG vorrangig durch kollektiv wirkende Unterlassungsansprüche erfolgt. Außerdem schafft das Gesetz eine Rechtsgrundlage für die Verhängung von Bußgeldern bei grenzüberschreitenden und weitverbreiteten lauterkeitsrechtlichen Verstößen mit Unions-Dimension. Die Werbewirtschaft begrüßt es ausdrücklich, dass rein nationale Verstöße nicht mit einem Bußgeld belegt werden, da wir stärker denn je davon überzeugt sind, dass das allseits anerkannte und erfolgreiche System der privaten Rechtsdurchsetzung bestehen bleiben muss. Darüber hinaus sieht das Gesetz neue Transparenzregelungen bei Rankings und Verbraucherbewertungen sowie Klarstellungen zum Anwendungsbereich des UWG im Hinblick auf „Influencer“ vor.

Bestätigungslösung soll kommen

Weitere Änderungen im UWG brachte das ebenfalls im letzten Jahr verabschiedete Gesetz für faire Verbraucherverträge: Der am 1. Oktober 2021 in Kraft getretene § 7a UWG verpflichtet Unternehmer, die mit einem Telefonanruf gegenüber Verbrauchern werben, die Einwilligung des Verbrauchers zu dokumentieren. Dies soll eine effizientere Sanktionierung von unerlaubter Telefonwerbung ermöglichen. Daneben wurde eine sektorale Bestätigungslösung für Energielieferungsverträge beschlossen. Der Gesetzgeber entschied sich jedoch bewusst dagegen, eine Bestätigungslösung für sämtliche telefonisch geschlossene Verträge einzuführen. Dennoch sieht der Koalitionsvertrag nun die Einführung dieser „allgemeinen Bestätigungslösung“ vor. Darunter versteht man, dass telefonisch geschlossene Verträge bis zu einer schriftlichen Bestätigung durch den Verbraucher als „schwebend unwirksam“ gelten. Diese Konstruktion bringt allerdings ganz erhebliche rechtsdogmatische Probleme mit sich und vermag obendrein das Problem betrügerischer Telefonanrufe nicht zu bekämpfen. Ohnehin sind die Verbraucher bereits durch ein mindestens zweiwöchiges Widerrufsrecht ausreichend geschützt. In dieser Zeit kann der telefonisch geschlossene Vertrag ohne jeglichen wirtschaftlichen Schaden für den Verbraucher gelöst werden. Eine schwebende Unwirksamkeit des Vertrages würde mit diesem (europarechtlich vorgegebenen) Widerrufsrecht kollidieren, was die Rechtslage im Fernabsatzrecht für Verbraucher und Unternehmer undurchschaubar machen würde und einen enormen Aufwand für alle seriösen Unternehmen zur Folge hätte. Umgekehrt lassen sich unseriöse Akteure von ihrem kriminellen Handeln durch die Bestätigungslösung nicht abbringen, da sie Rechtsverstöße ohnehin bewusst in Kauf nehmen. Bei Einführung der Bestätigungslösung stünde, wohlgemerkt ohne nennenswerten Mehrwert für den Verbraucher, das legale Telefonmarketing in Deutschland angesichts der immensen Kostensteigerungen praktisch vor dem Aus – mit drastischen Folgen für die Meinungs- und Pressefreiheit, denn für die Verlage und ihre Kunden ist das Telefon ein wichtiger und unverzichtbarer Kommunikationsweg.

| Stand: April 2022