Wettbewerb

Um die Befugnisse des Bundeskartellamts zu stärken und eine effektive Durchsetzung des Digital Markets Act (DMA) zu erreichen, hat die Bundesregierung die elfte Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) auf den Weg gebracht. Das Bundeskartellamt hat seinen seit Langem erwarteten Diskussionsbericht zur Sektoruntersuchung im Bereich der Online-Werbung vorgelegt. Der ZAW hat mit einem breiten Verbändebündnis seine Beschwerde vor dem Bundeskartellamt gegen Apple weiterverfolgt und das Beschwerdeverfahren der EU-Kommission gegen den Google-Mutterkonzern unterstützt. Der digitale Werbemarkt wird intensiver denn je wettbewerbsrechtlich und politisch durchleuchtet.

Paradigmenwechsel im GWB kommt

Die 11. GWB-Novelle wurde am 5. April 2023 vom Bundeskabinett beschlossen. Inhaltlich geht es in dieser Novelle darum, die Befugnisse des Bundeskartellamts (BKartA) deutlich aus- zubauen, indem bereits unmittelbar mit den Feststellungen einer Sektoruntersuchung behördliche Maßnahmen ausgelöst werden können. Bislang ist hierzu die spezifische Feststellung eines Kartellrechtsverstoßes erforderlich. Die geplanten nationalen Regelungen sollen zudem den DMA effektiv durchsetzen. So soll das Bundeskartellamt zukünftig dazu befugt sein, Untersuchungen mit Blick auf Verstöße nach dem DMA vorzunehmen. Die Änderung würde die Stellung des BKartA nachhaltig verändern und ihr eine, wie die Kritiker zu Recht vorbringen, aktiv wettbewerbsgestaltende Position hinzuregulieren. Der ZAW sieht das Vorhaben deshalb auch mit Sorge, sieht einen Bedarf hierfür aber möglicherweise in spezifischen Sektoren, allen voran bei der Online-Werbung.

Sektoruntersuchung Online-Werbung

Im August 2022 veröffentlichte das BKartA einen Diskussionsbericht zu seiner Sektoruntersuchung zum Bereich der nicht- suchgebundenen Online-Werbung. Der ZAW begrüßt das Bestreben des BKartA, die Marktstrukturen und Mechanismen näher zu beleuchten und stimmt mit wesentlichen Erkenntnissen des Amtes ebenso überein wie der daraus abgeleiteten Notwendigkeit einer durchgreifenden Einhegung und Auflösung der übergreifenden, teilweise quasi-monopolartigen Marktstellung einzelner Marktteilnehmer. In einem Workshop mit dem Amt konnten zudem die Schwächen des Diskussionsberichts evidenzbasiert konstruktiv diskutiert werden. Der Diskussionsbericht unterschätzt den Wert und die Bedeutung datenbasierter Geschäftsmodelle und ihre gegenüber wettbewerblicher Vermachtung bestehende disziplinierende Wirkung. Zudem werden die handfesten Nachteile einer geringeren Datenverfügbarkeit für die Mehrheit der Marktteilnehmerunterbewertet. Der ZAW hat sich deshalb für zielgenau durch- greifende, auch strukturelle Maßnahmen ausgesprochen und das BKartA hierzu aufgefordert. Immerhin erscheint es möglich, dass die mit der 11. GWB-Novelle verbundenen Befugnisse mit Abschluss dieser Sektoruntersuchung bereits zur Verfügung stehen.

„App Tracking Transperency“ (ATT) von Apple und das Ad-Tech-Verfahren der EU-Kommission

Durch die einseitig von Apple allen Publishern in seinem App- Store auferlegten Verpflichtungen werden werbefinanzierte Apps von der Verarbeitung kommerziell relevanter Daten im Apple-Ökosystem weitgehend ausgeschlossen. Gleichzeitig betreffen die Vorgaben jedoch nicht die Dienste von Apple. Das BKartA hat die Beschwerde des ZAW aufgegriffen und damit zu verstehen gegeben, dass es begründeten Anlass für Kartellrechtsverstöße des Konzerns sieht. Diese erfreuliche Entwicklung kann im Jahr 2023 zu einer förmlichen Entscheidung der Behörde führen. Der ZAW und seine Mitglieder unterstützen das BKartA darin, die erforderliche angemessene Entscheidung zeitig zu treffen. Ebenso unterstützen der Dachverband und eine Vielzahl seiner Mitglieder die EU-Kommission bei einem im Jahr 2021 gestarteten Wettbewerbsverfahren gegen Google wegen verschiedener Praktiken des Unternehmens im Bereich der Online- Werbetechnologie. Hintergrund sind unter anderem die Pläne von Google, im marktbeherrschenden Browser Chrome und mittels des Android-Betriebssystems so genannte Drittanbieter-Cookies und Identifikatoren zu blockieren. Die Verbände machen geltend, dass Google hierdurch gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt. Alle Verfahren haben gemein, dass die Unternehmen ihre diversen Torwächter-Stellungen missbrauchen, um unter dem Vorwand des Datenschutzes den freien Wettbewerb um Online-Werbung zu ihren Gunsten zu verzerren.

| Stand: April 2023