Lebensmittel

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat im Februar 2023 einen Entwurf für ein Kinder-Lebensmittel-Werbegesetz (KLWG) in die Ressortabstimmung gegeben. Das darin enthaltene Werbeverbot geht weit über die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag hinaus und erhält deshalb auch nach drei Anpassungen nicht die Zustimmung der anderen Ressorts der Bundesregierung. Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung wurde zwischenzeitlich vom Bundeskabinett verabschiedet und im Herbst 2023 ein Bürgerrat zum Thema „Ernährung im Wandel“ eingesetzt

Entwurf des Kinder-Lebensmittel-Werbegesetzes

Der von Bundesminister Cem Özdemir vorgestellte KLWG-Entwurf geht auch nach der dritten Überarbeitung (Stand: Juni 2023) weit über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags („An Kinder gerichtete Werbung für Lebensmittel mit hohem Zucker-, Fett- und Salzgehalt darf es in Zukunft bei Sendungen und Formaten für unter 14-Jährige nicht mehr geben.“) hinaus. Zwar wurde die zunächst vorgesehene Sendezeitbeschränkung – keine Fernsehwerbung zwischen 6:00 und 23:00 Uhr – verkürzt. Dies bedeutet allerdings immer noch, dass das Werbeverbot auch gegenüber Erwachsenen bestehen würde. Denn weiterhin sieht der Entwurf keine Einschränkung hinsichtlich des im Koalitionsvertrag genannten Kinderumfelds vor – nach diesem müssen beide Voraussetzungen, also sowohl Kinderansprache als auch -umfeld, erfüllt sein. Entsprechend ist auch die Beschränkung von Außenwerbung und Presseerzeugnissen weiterhin überschießend. Die weitergehende Regulierung dieser Werbeformen sieht der Koalitionsvertrag gar nicht vor. Für die Medienlandschaft, konkret: Journalismus und Unterhaltung, Sport und Kultur, bedeutet der KLWG-Entwurf den größtmöglichen Eingriff in mehr denn je benötigte Refinanzierungsmöglichkeiten. Der Entwurf ist auch rechtlich nicht tragfähig – kompetenziell, verfassungs- sowie europarechtlich. Zuletzt betonte Bundesminister Cem Özdemir immer wieder Gesprächsbereitschaft und äußerte, dass eine breite Masse von Verbündeten hinter dem Gesetzesentwurf stehe. Die von der Lebensmittel-, Werbe- und Medienwirtschaft geschlossen vorgebrachten Einwände sind allerdings auch mit dem letzten Entwurf nicht ausgeräumt worden, sodass sich Fachverbände aus allen betroffenen Bereichen – Hersteller, Handel, Medien und Agenturen – zusammen mit den Dachverbänden zuletzt im Oktober in einem gemeinsamen Schreiben an Bundesminister Özdemir wandten und dies erneut bekräftigten. 
Voraussichtlich wird Bundesminister Özdemir eine weitere Fassung des KLWG-Entwurfs einbringen. Ob dieser Versuch die Vereinbarungen des Koalitionsvertrags abbildet, bleibt zu prüfen. Der ZAW betont weiterhin, dass der KLWG-Entwurf in seiner gesamten Struktur nicht tragfähig ist, um den Koalitionsvertrag umzusetzen. Erforderlich ist hier ein Neuanfang unter Beteiligung aller Stakeholder, inklusive der für Medienregulierung zuständigen Bundesländer.

Ernährungsstrategie der Bundesregierung

Die Ernährungsstrategie der Bundesregierung wurde im Januar 2024 vom Bundeskabinett verabschiedet und wird ab April im Bundestag beraten. Neben Leitlinien beispielsweise zur Gemeinschaftsverpflegung wird auch die Lebensmittelwerbung an Kinder thematisiert. Wie im Koalitionsvertrag der Ampelregierung vereinbart, soll an Kinder gerichtete Werbung für HFSS-Produkte im Umfeld von Kindersendungen verboten werden. Im Gegensatz zum KLWG-E geht es hier konkret um die Beschränkung von an Kinder gerichteter Werbung im Umfeld von Kindersendungen und -formaten.

Bürgerrat „Ernährung im Wandel“

Im September 2023 hat der Bürgerrat mit dem Schwerpunkt „Ernährung im Wandel: Zwischen Privatangelegenheit und staatlichen Aufgaben“ seine Arbeit aufgenommen. Der Rat hat sich mit den Themenfeldern Labels/Kennzeichnungen für Lebensmittel, Tierhaltung und Tierwohl sowie Bezahlbarkeit von Lebensmitteln beschäftigt. An der Einsetzung und konkreten Durchführung des Bürgerrats gab es viel Kritik1. Seine Empfehlungen sind Ende Februar 2024 in Form eines Bürgergutachtens an Mitglieder des Deutschen Bundestags übergeben worden. Werbeverbote standen für den Bürgerrat nicht zur Debatte. | Stand: April 2023