Verbraucher

Verbraucherschutz blieb auch 2023 auf der Agenda der Europäischen Union: Die Kommission hat in Politikbereichen,bei denen ein Ungleichgewicht zwischen Verbrauchern und Wirtschaft vermutet wird, gezielte Befragungen und Unter- suchungen angestrengt. Auch soll der werbliche Einsatz von Influencern untersucht werden, um irreführende Werbung und ähnliche Praktiken in den sozialen Medien zu identifizieren. Da die europäischen Vorgaben zu unlauteren Geschäftspraktiken medienneutral sind, ist eine Nachschärfung nach Auffassung des ZAW nicht notwendig, um Verbraucher in der fortschreitenden Digitalisierung zu schützen.

Fortführung: Digitale Fairness – Eignungsprüfung des EU-Verbraucherrechts

Bereits 2022 begann die EU-Kommission zu untersuchen, ob zusätzliche Maßnahmen erforderlich sind, um Online den gleichen Schutz der Verbraucher zu erreichen, wie er Offline besteht. Im Rahmen der Evaluierung werden die Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken, die Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher und die Richtlinie 93/13/EWG über missbräuchliche Vertragsklauseln auf Lücken im digitalen Bereich untersucht. Der ZAW hat sich im Rahmen der Evaluierung an mehreren Konsultationen und im Jahr 2023 auch an gezielten Befragungen zu Unterthemen beteiligt und dargelegt, dass das derzeitige EU-Verbraucherrecht nach wie vor auch für die Erfassung von Phänomenen wie „dark patterns“ zweckmäßig ist. Ob die Befragungen in neuen gesetzlichen Initiativen münden, ist noch unklar und wird sich erst mit einer neuen Kommission ab 2025 entscheiden. 

Influencer im Visier der EU

Immer mehr im Visier der EU-Kommission sind bei verbraucherschutzrechtlichen Aspekten auch Influencer, die in sozialen Medien Werbung für Produkte und Dienstleistungen betreiben. Im Februar 2024 wurde bekannt, dass ein Screening („Sweep“) der EU-Kommission und nationaler Verbraucherschutzbehörden ergeben hat, dass nur jeder fünfte Influencer Werbeaktivitäten systematisch kennzeichnet. Insgesamt hat das Verbraucherschutz-Netzwerk EU-weit 576 Influencer untersucht. Ende Februar 2024 veranstaltete die belgische Ratspräsidentschaft eine Konferenz zum Thema, bei der es im Wesentlichen darum ging, wie man die Branche unterstützen kann. Derweil fordern die Grünen im Bundestag, dass für Influencer ein europaweites Werbeverbot für Finanzprodukte, medizinische Produkte, Glücksspiel und ungesunde Lebensmittel gelten solle.

Ausgesetzt: Überprüfung der CPC-Verordnung

Obwohl die EU-Kommission seit Herbst 2022 die Verbraucherrechtsdurchsetzung bei grenzüberschreitenden/EU-weiten Sachverhalten evaluiert und für das erste Quartal 2023 einen Bericht sowie eine Evaluierung über die Anwendung der Verordnung über die Zusammenarbeit im Verbraucherschutz (CPC-Verordnung) angekündigt hatte, ist dies bislang nicht erfolgt. Eine mögliche Überarbeitung der CPC-Verordnung steht daher noch aus. Der ZAW hatte sich in einer öffentlichen Konsultation gegen weitere Verschärfungen der Verordnung ausgesprochen, da die private Rechtsdurchsetzung in Deutschland effektiv erfolgt und ein Paradigmenwechsel zu einer Aufsichtsbehörde nicht erforderlich ist.

EU-Kleinanlegerstrategie

Im Sommer 2023 hat die EU-Kommission ein Paket vorgelegt, welches darauf abzielt, Verbraucher bei privaten Investitionen besser zu schützen. Enthalten sind z.B. strengere Transparenzvorschriften. Zudem sollen Verbraucher besser vor irreführendem Marketing insbesondere in sozialen Medien geschützt werden. Die Kernaussage des Vorschlags, irreführende Werbung zu verhindern, unterstützt der ZAW. Hier greift aber bereits die UGP-Richtlinie. Abzulehnen ist daher die in der Strategie vorgeschlagene umfassende Ermächtigung, diesen Grundsatz speziell für Anlageprodukte über delegierte Rechtsakte weiter zu konkretisieren. Dies betrifft die EU-Versicherungsvertriebsrichtlinie (IDD) und die zweite europäische Finanzmarktrichtlinie (MiFID II). Damit wird die an Kleinanleger gerichtete Werbung mit überbordenden Hinweispflichten versehen, die durch die Kommission im vereinfachten Verfahren immer wieder angepasst werden können.

| Stand: April 2024