Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW zu Covid19 und Werbewirtschaft

Einschätzung des ZAW zu möglichen Auswirkungen
(Stand: 6. März 2020)

1. Nüchterne Einordnung erforderlich

Die Reaktionen auf die Ausbreitung des Virus in Deutschland reichen bis hin zu Vergleichen mit der Finanzmarktkrise 2008/2009. Bezogen auf die Werbewirtschaft hält der ZAW dies für eindeutig überzogen und nicht sachgerecht. Dazu sind die Ursachen und realen Hintergründe einfach zu verschieden.

Der Einfluss der Virusepedemie auf die deutsche Wirtschaft und die aktuellen Reaktionen der Unternehmen auf der einen und die von den staatlichen Stellen getroffenen Maßnahmen zur Eindämmung der gesundheitlichen Risiken auf der anderen Seite zeichnen ein ganz anders Bild als das eines weltweit abrupten Kollapses von Finanzmärkten und einer nachfolgend tiefschürfenden Wirtschaftskrise.

Der Werbemarkt verzeichnete in der Finanzkrise 2008/2009 in sehr kurzer Zeit ganz erhebliche Einbußen (rund -7%), hat sich aber auch hiervon wieder relativ rasch erholt. Der Werbemarkt im Jahr 2020 ist ein anderer (deutlich digitaler und dynamischer); auch die wirtschaftliche Situation Deutschlands 2019/2020 eine andere:

  • Rekordbeschäftigung mit 45,3 Millionen Erwerbstätigen in 2019
  • niedrige Inflationsrate von 1,4% – niedrigster Stand seit 3 Jahren
  • die Tariflöhne sind 2019 mit 3,2% so stark gestiegen wie seit 2014 nicht mehr.

Die Bürgerinnen und Bürger haben Geld in der Tasche, der private Konsum bleibt der wichtigste Wachstumstreiber in Deutschland.

Schon vor Covid19 war die deutsche Wirtschaft zweigeteilt: Während die Industrie auch 2019 schrumpfte (Brexit, globale Handelskonflikte), hatten der Dienstleistungssektor – zu dem auch die Werbewirtschaft gehört -, das Handwerk und das Baugewerbe weiter steigende Auftragseingänge.

2. Rasterpunkte zu spezifischen Auswirkungen auf das Werbegeschäft

Auch hier gilt: Bezüglich des Umfangs der weiteren Verbreitung des Virus in Deutschland und darüber hinaus, ist der weitere Verlauf nicht sicher prognostizierbar. Eine umfassende Bestandsaufnahme zu den werbewirtschaftlichen Folgen ist in dieser Situation – schon mangels valider Daten – eben so wenig möglich wie seröse Prognosen.

Klar ist aber, dass reale Auswirkungen existieren. Aus unserem Netzwerk erreichen uns Nachrichten, die belegen, dass es auf bestimmten Ebenen und Arbeitsgebieten punktuelle Auswirkungen gibt. Soweit betroffenen Bereiche mit anderen Sektoren der Werbewirtschaft verbunden sind – grundsätzlich ist die Werbewirtschaft eine stark arbeitsteilig organisierte Branche –, sind Folgewirkungen denkbar. Über solche Effekte zu spekulieren ist aber vor allem eines: Spekulation.

Reale Effekte:

  • Grundlegend zu nennen sind die Herausforderungen und Maßnahmen, die Arbeitgeber im Bereich der Werbewirtschaft an ihren Betriebsstätten – wie in jedem anderen Wirtschaftssektor derzeit treffen: Homeoffice wird ausgeweitet, Reisetätigkeiten intern oder in Bezug auf Geschäftspartner werden eingeschränkt oder ausgesetzt.
  • Deutlich und direkt ist der Sektor der Live-Kommunikation betroffen: Veranstaltungen wie Messen, Kongresse werden abgesagt; auch in Deutschland sind Events mit Publikum vor Ort (Sport, Kultur) betroffen. Das Ausmaß ist unterschiedlich und längst nicht so dramatisch wie in anderen Ländern. Beispiel: Die Schweizer Liga hat den Spielbetrieb eingestellt und Italien hat Spiele auf Mai verschoben, in Deutschland läuft der Ligabetrieb unverändert weiter.
  • Bereich Produktion: größere Produktionen, insbesondere mit internationaler Beteiligung (Schauspieler, Modells etc.) oder die im stärker betroffenen Ausland stattfinden sollten, werden, wie wir hören, zum Teil ausgesetzt oder, wo möglich, verlegt.
  • Technischer Supply – singuläre, lösbare Probleme: Im Bereich Druck sind beispielsweise vereinzelt die Komponenten für die Druckfarben (Pigmente, Farbstoffe) betroffen, allerdings gibt es neben China weitere Zuliefer-Länder, so dass es nicht zu Engpässen kommen sollte.
  • Stichwort Verhalten der Werbungtreibenden: Bestimmte Produkte, Dienstleistungen, z.B. Tourismus, Gastgewerbe/Gaststätten, sind real und „verbraucherpsychologisch“ betroffen. Hier kann es zu Reaktionen kommen, d.h. Kommunikation wird angepasst oder möglicherweise verändert. Nach unseren Recherchen sehen große werbende Unternehmen derzeit aber keinen Anlass, Änderungen oder gar Stornierungen anlässlich von Covid19 bezüglich ihrer werblichen Kommunikation vorzunehmen, dies wird von großen Medienhäusern/Vermarktern bestätigt.
  • Wenn der Trend zu Hamsterkäufen anhält, stellen sich möglicherweise Fragen auf der Ebene der Produktion oder Logistik (Desinfektionsmittel, Nudeln, Reis etc.) – nicht aber auf werblicher Ebene.

3. Fazit zum Werbemarkt aktuell

Prognosen zur Entwicklung des Werbemarkts lassen sich angesichts der aktuellen Situation nicht valide genug erstellen. Die derzeitige Situation ist soweit als relativ entspannt zu beschreiben. Sollten Großereignisse wie die Fußball-EM und die Olympischen Spiele in Tokio abgesagt werden, ist die Lage neu zu bewerten.

Daher mahnt ZAW-Präsident Andreas F. Schubert zur Besonnenheit: „Die Werbewirtschaft ist eine kreative und hochdynamische Branche, die in der Lage ist, sich schnell an veränderte Gegebenheiten anzupassen. Jeder Marketingexperte wiederum weiß, dass Markenpflege Langfristprojekte sind, die nicht durch falschen Aktionismus aufs Spiel gesetzt werden dürfen.“

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