Der ZAW begrüßt die Einigung zum Digital Markets Act (DMA), die am 24.03.2022 zum Abschluss der Trilog-Verhandlungen getroffen wurde. Das Gesetz über Digitale Märkte ist nichts weniger als der langersehnte Versuch der EU, die stetig wachsende Marktmacht digitaler Tech-Plattformen, der sogenannten Gatekeeper, auch im Bereich der digitalen Werbung einzuhegen.
ZAW-Hauptgeschäftsführer Bernd Nauen: „Der DMA ist ein beachtlicher Schritt, des multiplen Marktversagens Herr zu werden. Es ist der Wille zu erkennen, Fairness, Angemessenheit und Neutralität digitaler Intermediationsleistungen zu sichern. Dafür benötigen Publisher und Vermarkter auf der einen und Werbungtreibende und ihre Marktpartner auf der anderen Seite vor allem Zugang zu Daten. Außerdem muss eine unabhängige Nutzungsmessung gewährleistet sein. Der im politischen Trilog gefundene Kompromiss scheint hier in die richtige Richtung zu gehen. Mit Blick auf die Zukunft sollte allerdings die Basisverpflichtung zu diskriminierungsfreien und fairen Zugangsbedingungen rasch ausgeweitet werden.“
Bei allem berechtigten Lob dürfe zudem nicht vergessen werden, dass die neuen Regelungen des DMA alleine nicht ausreichen. Die Einigung auf EU-Ebene ist erst dann ein Erfolg, wenn Verstöße hiergegen konsequent und zügig verfolgt werden und auch nationale Kartellverfahren, insbesondere auf Grundlage des neuen § 19a GWB, weiterhin betrieben werden..
Umsetzung der europäischen Verbandsklagerichtlinie in deutsches Recht
Die Corona-Ökonomie sorgte auch auf dem Arbeitsmarkt in 2021 für Rekordzahlen: Die Jobofferten legten gegenüber dem Vorjahr um 90 Prozent auf 9.611 zu und übertreffen damit nicht nur das Vorkrisenjahr 2019, sondern erreichen ein Level wie zuletzt vor 21 Jahren. Nach dem deutlichen Minus 2020 von -35 Prozent hatte bereits die ZAW-Halbjahresbilanz 2021 die positive Richtung mit fast 60 Prozent plus bei den Stellenangeboten angezeigt. In den Folgemonaten beschleunigte sich diese Entwicklung noch weiter, vor allem die Agenturen sind auf der Suche nach neuen Mitarbeitern. Der Arbeitsmarkt der Werbung spiegelt mit seinem extremen Auf und Ab in den zwei zurückliegenden Jahren die wirtschaftlich außerordentlich schwierigen Bedingungen wider, die die Corona-Pandemie und die Maßnahmen zu ihrer Eindämmung mit sich gebracht haben. Ein struktureller Fachkräftemangel, Budgetverschiebungen in Richtung der Megaplattformen und mögliche Werberestriktionen werden die Werbebranche aber auch zukünftig begleiten und auch deren Arbeitsmarkt bestimmen.
“Die Zahlen der ZAW-Stellenanalyse decken sich mit unseren Erhebungen unter den GWA-Agenturen. Der Fachkräftemangel und das Rekordhoch offener Stellen sind aktuell das größte Wachstumshemmnis der Agenturbranche. Unsere Branche ist gefragt, die Herausforderung weitaus intensiver und ganzheitlicher anzugehen als bisher”, so GWA-Präsidentin Larissa Pohl.
Die Suche nach neuen Mitarbeitern lief 2021 auf Hochtouren, wie die ZAW-Stellenanalyse zeigt, war aber für die Werbebranche wie auch andere Wirtschaftsbereiche durch coronabedingte Faktoren erschwert. Laut Statistischem Bundesamt fiel der Zuzug von Fachkräften nach Deutschland seit 2020 geringer aus, auch die Zahl der Hochschulabsolventen in Deutschland sank 2020 um 6 Prozent. Damit standen 2021 dem Arbeitsmarkt sowohl weniger Zugewanderte als auch Hochschulabsolventen zur Verfügung. Hinzu kommt die demografische Entwicklung: Da die Babyboomer zahlreich in Rente gehen und gleichzeitig weniger junge Menschen im erwerbsfähigen Alter nachrücken, sinkt die Zahl der Erwerbstätigen kontinuierlich (während zugleich ihr Alter steigt). Bereits 2030 wird sie um rund 4 Millionen abnehmen, in den Folgejahren verschärft sich die Lage weiter. ZAW-Präsident Andreas F. Schubert kommentiert die Situation: „Die im Koalitionsvertrag angestrebte höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und die ebenfalls genannte Förderung von beruflicher Aus-, Fort- und Weiterbildung oder Neuorientierung sehen wir in jedem Fall positiv. Zuwanderungsmöglichkeiten von Fachkräften müssten aber auch unbürokratischer ermöglicht werden.“
ZAW-Trendanalyse im Detail
War der Arbeitsmarkt der Werbung im Frühjahr 2021 zu Lockdownzeiten noch verhalten, aber bereits positiv gestartet, gewann er in den Folgemonaten an Fahrt. Dank der Öffnung von Einzelhandelsgeschäften, Gastronomie und Kinos und dem damit einhergehenden Anstieg der Werbebudgets zeigte er bereits mit dem Halbjahresergebnis von +57 Prozent deutlich positive Werte. Ab Juli startete der Arbeitsmarkt weiter durch und erzielte prozentuale Werte, die im 200er Bereich lagen. Mit insgesamt 9.611 Jobangeboten wurden Höchststände erreicht, wie sie die ZAW-Stellenanalyse zuletzt vor 21 Jahren in den wirtschaftlichen Boomjahren 1999/2000 gezeigt hatte. 1999 lagen die Jobofferten bei 10.505, 2000 sogar bei 12.593.
Vor allem die Agenturen suchten 2021 neue Mitarbeiter, sie stellten 51 Prozent der Jobangebote und damit drei Prozentpunkte mehr als im Vorjahr, gefolgt von den werbenden Unternehmen mit rund 38 Prozent (2020: 40 Prozent). Die Offerten der Medien blieben mit 11 Prozent stabil.
Die werbenden Unternehmen suchten vor allem Personal im Bereich Marketing und Werbung mit zwei Dritteln (2.171) der 3.236 Jobangebote. Knapp die Hälfte der Angebote galt der Führungsebene: Marketingleiter waren 2021 stark nachgefragt.
Der stationäre Handel suchte bei den Branchen die meisten Werbefachleute und auch der Online-Handel lag weit vorn. HDE-Hauptgeschäftsführer Stefan Genth: „Der Einzelhandel ist traditionell der wichtigste Anzeigenkunde für viele Medien. Das Management der Werbeanzeigen und des Marketings erfordert den Einsatz von zahlreichen Fachkräften. Die Corona-Pandemie hat auch den Medienmarkt und die Kundenbedürfnisse verändert, das hat einen weiteren Bedeutungszuwachs des Marketings zur Folge. Deshalb werden im Einzelhandel vielerorts entsprechende Fachkräfte gesucht.“
Auch bei den Agenturen waren die kaufmännischen Berufe, Fachkräfte für Marketing und Werbung sowie Account Manager gesucht, und lagen damit vor den klassischen Agenturberufen Art-Direktoren und Texter. Bei den Medien lagen über den zweitplatzierten Mediaexperten ebenfalls die Marketing- und Werbefachleute an Position eins. Blickt man auf die wirtschaftlichen Boomjahre 1999/2020 zurück, befanden sich zu der Zeit die Experten für Marketing und Werbung an fünfter Position der Jobangebote – weit gefragter waren in diesen Jahren klassische Agenturberufe wie Grafiker/Mediendesigner, Kontakter oder Art-Direktoren.
Arbeitslosenzahlen deutlich rückläufig
Parallel zur ZAW-Auswertung der Stellenangebote unterstreichen die sinkenden Arbeitslosendaten der Bundesagentur für Arbeit das Bild eines positiven Jahres 2021 im Bereich Marketing und Werbung. Die Arbeitslosenzahlen gingen um rund 23 Prozent auf 23.753 zurück (Vorjahr: 30.994). und nähern sich dem Vorkrisenjahr 2019 mit 22.508 (jeweils Monat Dezember).
Auch 2022 bleibt von Corona geprägt
„Die erfreulich guten Arbeitsmarktdaten der Werbewirtschaft im Jahr 2021 gehen einher mit der positiven Entwicklung des Werbemarkts in dem Jahr. Vergessen sollten wir allerdings nicht, dass die Werbewirtschaft 2020 deutlich härter getroffen war als die Gesamtwirtschaft und wir auch 2021 wirtschaftlich noch nicht wieder das Vorkrisenniveau erreicht haben. 2022 wird auf vielerlei Ebenen ebenfalls kein einfaches Jahr werden, wenn die Inflationsentwicklung nicht in Schranken gewiesen wird, ein weiterer Corona-Winter aufzieht und die Agenda der neuen Bundesregierung nur bedingt den Wert der Werbung und ihren public value anerkennt“, umreißt ZAW-Präsident Andreas F. Schubert die Lage der Werbewirtschaft.
„Teilmärkte der Werbewirtschaft performen außerordentlich – hier beziehe ich mich vor allem auf die digitale Werbung und damit die Megaplattformen. Dies hat bei Weitem nicht nur mit dem Corona-Booster zu tun, sondern vor allem mit Regulierungslücken, die durch einen gelungenen DMA geschlossen werden müssen. Zugleich stehen weitere Weichenstellungen an – auf europäischer wie nationaler Ebene. Beim DSA und der E-Privacy-Richtlinie und im Zusammenhang mit dem TTDSG drohen Bedingungen, die den großen Plattformen weitaus weniger Schwierigkeiten bereiten werden als anderen Publishern. Dazu kommen Werbeeinschränkungen für bestimmte Produkte: Nachdem die Tabakwerbung durch ein fast komplettes Werbeverbot abgeschafft wurde, werden weitere Pläne diskutiert. Die Politik sollte nicht vergessen, dass die Werbewirtschaft ein großer Arbeitsgeber ist und rund 900.000 Menschen beschäftigt.“, mahnt Andreas F. Schubert.
Ein breites Bündnis aus Spitzenverbänden der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft hat sich heute an die Europäische Kommission in Brüssel gewendet. Hintergrund sind Pläne von Google, im marktbeherrschenden Browser Chrome ab dem nächsten Jahr sog. Drittanbieter-Cookies zu blockieren. Die Verbände machen geltend, dass Google hierdurch gegen europäisches Wettbewerbsrecht verstößt.
Google würde durch die geplante Änderung Wettbewerber und ihre Marktpartner von der Verarbeitung kommerziell relevanter Daten ausschließen. Den betroffenen Unternehmen würde der Zugriff auf legale Datennutzungsmöglichkeiten in unzulässiger Weise verwehrt, obwohl die ohnehin schon sehr strengen europäischen Datenschutzgesetze die Verarbeitung wettbewerbsrelevanter Daten mittels Cookies ermöglichen. Google versucht, als Gatekeeper kraft seiner faktischen Regelsetzungsmacht in die Geschäftsbeziehungen zwischen den Unternehmen und ihren Nutzern einzugreifen. Gleichzeitig sammelt Google selbst erhebliche Mengen an Nutzerdaten und wird durch die technischen Änderungen nicht beeinträchtigt. Durch das Verhalten missbraucht Google unter dem Deckmantel des Datenschutzes seine Marktmacht und verzerrt den freien Wettbewerb auf den Online-Werbemärkten. Das Unternehmen schwingt sich gewissermaßen zum Ersatzgesetzgeber auf, jedoch ohne hierfür legitimiert zu sein – die Ausgestaltung des Datenschutzrechts ist vielmehr (allein) Aufgabe des Gesetzgebers. Dies geht zulasten der freien Medien, der (Internet-)Wirtschaft und der Verbraucher. Derartige Verhaltensweisen sind von den europäischen Datenschutzvorgaben nicht vorgesehen und gefährden gleichzeitig die Medienvielfalt.
Wegen ähnlicher Vorwürfe eröffnete die Europäische Kommission im Juni 2021 bereits ein Wettbewerbsverfahren gegen Google, um die Praktiken des Unternehmens im Bereich der Online-Werbetechnologie zu untersuchen. Die Verbände unterstützen dieses Verfahren, indem sie unter anderem Daten und Analysen bereitstellen. Die Verbände werden in diesem Verfahren von der auf Medien- und Kartellrecht spezialisierten Kanzlei Hausfeld vertreten.
Das Bündnis besteht aus Verbänden der deutschen Medien- und Kommunikationswirtschaft. Unter dem Dach des ZAW umfasst es unter anderem die folgenden Organisationen:
Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung e.V.,
BDZV – Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V.,
Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.,
OMG e.V. Organisation der Mediaagenturen,
Markenverband e.V.,
Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM),
VDZ Verband Deutscher Zeitschriftenverleger e. V. sowie
Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.
Zu den Mitgliedern der Verbände zählen führende Medienanbieter, Vermarkter, Media- und Werbeagenturen, Werbungtreibende und Institutionen neutraler Sozial- und Marktforschung. Das Bündnis vereint die gesamte Werbe- und Medienwirtschaft in Deutschland hinter sich.
Zum Hintergrund
Online-Werbung gilt als das „Lebenselixier“ des Internets und hat sich in den letzten Jahren weiter erfolgreich entwickelt. Zu diesem Erfolg trug insbesondere bei, dass Werbung in hohem Maße auf die tatsächlichen Interessen und Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer angepasst werden kann. Interessensbasierte Werbung bietet ihnen einen Mehrwert und ist daher relevanter für Verbraucher als Werbung, die keine Nutzerdaten berücksichtigt. Durch das Angebot effizienter Werbeanzeigen können Verbraucherinnen und Verbraucher zahlreiche Dienste nutzen, die andernfalls kostenpflichtig wären. Viele audiovisuelle Medien und journalistische Angebote wären ohne datenbasierte Werbung nicht finanzierbar, Werbungtreibende könnten nicht gezielt, effizient und kostengünstig potenzielle Kunden ansprechen.
Google will diesem Werbe- bzw. werbefinanzierten Ökosystem eine notwendige Grundlage entziehen und Drittanbieter-Cookies ab nächstem Jahr in seinem Browser Chrome pauschal blockieren – auch wenn Nutzer ihrer Verwendung gegenüber dem Anbieter zustimmen. Mit einem Marktanteil von über 60 Prozent ist Chrome der marktbeherrschende Webbrowser. Wenn es Google erlaubt wird, die geplanten Maßnahmen umzusetzen, werden alle Akteure in diesem Ökosystem hierunter erheblich leiden – außer Google selbst:
Ersten Markterhebungen der britischen Wettbewerbsbehörde CMA zufolge werden Online-Publisher möglicherweise existenzgefährdende Umsatzeinbußen von bis zu 70 Prozent erleiden. Die Presse-, Medien- und Rundfunkvielfalt wird reduziert, weil die zentrale Finanzierungsquelle zahlreicher Inhalteanbieter entfällt.
Verbrauchern wird eine geringere Auswahl an Online-Angeboten zur Verfügung stehen und sie werden künftig vermehrt für Inhalte zahlen müssen. Dies geschieht unabhängig von ihren Vorlieben und Entscheidungen: Google blockiert Drittanbieter-Cookies auch dann, wenn ihrer Verwendung zugestimmt wird. Hierdurch verletzt Google datenschutzrechtliche Grundprinzipien – etwa die freie, informierte Auswahlentscheidung der Nutzer – und greift in fremde Geschäftsbeziehungen ein.
Wegen höherer Streuverluste werden Online-Werbekampagnen für Werbungtreibende teurer – vom großen Markenunternehmen bis zum kleinen Nischenanbieter. Am Ende zahlen auch Verbraucherinnern und Verbraucher hierfür.
Google selbst ist von dieser Blockade nicht betroffen, kann also weiterhin Werbung personalisieren und seine Werbeerlöse immer weiter steigern. Werbungtreibende werden von Google immer abhängiger und müssen irgendwann Monopolpreise zahlen.
Mit dieser Beschränkung der Konkurrenz verschafft sich Google einseitige Vorteile. Die Verbände fordern, dass das Nutzen von Drittanbieter-Cookies erlaubt bleiben muss, sofern insbesondere Nutzerinnen und Nutzer in ihre Verwendung selbstbestimmt einwilligen. Die Verbände unterstützen in ähnlichen Verfahren bereits die britische Competition and Markets Authority (CMA) gegen Google und das Bundeskartellamt in Bonn gegen Apple. Alle Verfahren haben gemein, dass die Unternehmen zunehmend ihre diversen Torwächter-Stellungen missbrauchen, um unter dem Vorwand des Datenschutzes den freien Wettbewerb im Internet zu verzerren.
Werbemarkt erholt sich 2021 – Rückkehr zu Vorkrisenniveau gelingt nicht durchgängig
Die Werbewirtschaft in Deutschland wird 2021 um 2,2 Mrd. Euro und rund 5 Prozent auf 47 Mrd. Euro wachsen (2020: 45 Mrd. Euro), wie der Dachverband der Werbewirtschaft prognostiziert. Die Investitionen in Werbung steigen auf 35,32 Mrd. Euro, die Netto-Werbeeinnahmen der Medien auf 25,22 Mrd. Euro. Vor allem die digitale Werbung wächst zweistellig in 2021 – allerdings auch weiterhin stark asymmetrisch zugunsten der Megaplattformen. Die Werbeträgerlandschaft entwickelt sich uneinheitlich: Insbesondere TV-Werbung und Außenwerbung erstarken deutlich, andere Gattungen stagnieren oder leiden unter den hohen Rohstoff- und Energiepreise. Die Rückkehr zum Vorkrisenniveau (2019) gelingt nicht durchgängig. Um die Werbeträger- und Medienlandschaft in Deutschland nicht noch zusätzlich in Schieflage zu bringen, fordern die ZAW-Mitglieder von der künftigen Bundesregierung, von Werbeverboten abzusehen und Wettbewerbsverzerrungen im Digitalmarkt entschieden entgegenzutreten.
Auch 2021 war und ist von der Corona-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen bestimmt, die bis zum Frühjahr 2021 andauerten. Erst anschließend normalisierte sich das alltägliche Leben wieder: Kinos, Restaurants und kleinere Einzelhandelsgeschäfte öffneten, Reisen waren wieder möglich, viele Pendler kehrten zumindest teilweise aus dem Homeoffice zurück und Veranstaltungen fanden wieder statt. Die Werbebudgets stiegen mit der Rückkehr zur Normalität ab April deutlich an.
Die digitale Werbung ist nach 2020 auch 2021 zweistellig gewachsen, allerdings profitieren hiervon erneut hauptsächlich die Megaplattformen. Auch Werbeträger wie TV oder Außenwerbung entwickelten sich 2021 gut, die Kinowerbung legte nach dem erzwungenen Stillstand deutlich zu. Insgesamt stiegen die Netto-Werbeeinahmen der Medien um rund 6 Prozent auf 25,22 Mrd. Euro und liegen damit knapp über dem Vorkrisenniveau (2019: 25,0 Mrd. Euro).
Thomas Ruhfus, FAW-Präsident und ZAW-Präsidiumsmitglied, kommentiert für die Außenwerbung: „Monatliche Umsatz-Zuwächse zwischen 9,5 und 25,8 Prozent tragen seit Juni zur Kompensation der pandemiebedingten Verlustphase im Bereich Out of Home bei, so dass unser Medium bereits vor dem vierten Quartal an den Stand von 2019 anknüpfen konnte. Die Hoffnung der Branche auf eine rasche Erholung nach Beginn der Lockerungen haben sich damit erfüllt. In dem Maße, in dem die Bevölkerung ihr gewohntes Mobilitätsverhalten mehr und mehr wieder aufnehmen konnte, sind auch die Marken in den öffentlichen Raum zurückgekehrt. Diese gelungene Aufholjagd bestätigt eindrucksvoll, dass ‚Corona‘ keinen nachhaltigen Einfluss auf das Vertrauen der Kunden in die Leistungsstärke von Out of Home gehabt hat.“
Die weitere Entwicklung wird die Werbewirtschaft vor komplexe Herausforderungen stellen. Das Konsumklima ist derzeit robust – trotz hoher Inflation und ansteigenden Infektionszahlen. Sonderangebote und das dieses Jahr wahrscheinlich früher einsetzende Weihnachtsgeschäft werden die Werbekonjunktur weiter stärken, wovon auch weitere Werbeträger profitieren dürften. Mittelfristig, selbst wenn sich momentane Inflationsfaktoren – Stichwort: gestörte Lieferketten – erledigen, könnte die durch eine unveränderte Geld- und Zinspolitik getriebene Preisentwicklung aber zu erheblichen Problemen führen. „Wir haben es immer noch mit einem geschwächten Werbemarkt unter Vorkrisenniveau zu tun, in dem Wettbewerbschancen nach wie vor erheblich ungleich verteilt sind“, gibt ZAW-Präsident Schubert zu bedenken und fügt hinzu:
„Erholung und Stabilität werden mit neuen Werbeverboten, die weitere Verbotsdebatten nach sich ziehen werden, verhindert. Deutschland sollte nicht den Public Value von Werbung gefährden. Für die neue Bundesregierung gibt es weitaus produktivere Aufgaben. Allen voran endlich eine effektive Wettbewerbsregulierung für Digitalmärkte und eine praktikable und ausgewogene Datenpolitik. Dies wird sich beim Erhalt der Medienvielfalt und bei den Transformations- und Innovationsprozessen im Handel, Industrie und Gewerbe auszahlen.“
„In der immer noch andauernden Corona-Pandemie haben belastbare Werbe-Partnerschaften dabei geholfen, wesentliche Grundlagen für Kommunikation und gesellschaftliches Leben zu sichern. Dies gilt für Sponsorings in Sport und Kultur ebenso wie für andere Werbegattungen – und hat gerade im lokalen und regionalen Raum erhebliche Bedeutung“, erklärt Christian Pfennig, Vertreter der Vereinigung Sportsponsoring-Anbieter (VSA) im ZAW-Präsidium: „Mehr denn je hat Werbung in den vergangenen Monaten ihren Wert für die Gesellschaftunterstrichen. Dies anzuerkennen und die Entwicklung des Werbemarktes in immer noch unsicheren Zeiten zu unterstützen, sollte daher das gemeinsame Ziel sein.“
ZAW-Trendbefragung Stimmungslage unter den ZAW-Mitgliedern
Die Stimmungslage unter den ZAW-Mitgliedern hat sich auf die Frage ‚Wie beurteilen Sie die aktuelle Lage der Werbewirtschaft – wirtschaftlich, politisch, gesellschaftlich?‘ mit insgesamt 3,7 Prozentpunkten im Vergleich zur Frühjahrsbefragung 2021 mit 3,3 klar gebessert (Herbst 2020: 3,1). Vor allem für den wirtschaftlichen Teil der Frage sind die Mitglieder mit 4,5 Prozentpunkten deutlich optimistischer (Frühjahr 2021: 3,3; Herbst 2020: 3,0).
Während im Frühjahr 2021 noch ein Drittel der ZAW-Mitglieder befürchtete, dass es zu Insolvenzen in den ihrer Branche angeschlossenen Unternehmen im laufenden Jahr kommen würde, sind es in der Herbstumfrage nur noch 22 Prozent. 34 Prozent der ZAW-Mitglieder geben an, dass ihre Mitgliedsunternehmen Corona-Hilfen in den letzten 9 Monaten in Anspruch genommen haben und 13 Prozent erwarten, dass die Unternehmen diese auch im letzten Quartal in Anspruch nehmen werden.
Die hohe Inflationsrate – vor allem getrieben von den hohen Energiepreisen – trifft die ZAW-Mitglieder deutlich: 75 Prozent der Mitglieder sind stark bis mittel von den hohen Energiepreisen betroffen, 69 Prozent von hohen Rohstoffpreisen. Ob und inwiefern sich dauerhafte Kostensteigerungen auf Werbebudgets und -investitionen auswirken, bleibt abzuwarten. Nicht immer können höhere Kosten 1:1 an die Kunden weitergegeben werden.
31 Prozent der ZAW-Mitglieder sehen einen großen Fachkräftemangel für ihre Branche, 50 Prozent stufen diesen Mangel als mittelgroßes Problem ein, 9 Prozent als gering.
Ausblick auf 2022
Bezüglich der mittelfristigen wirtschaftlichen Erwartungen halten sich die ZAW-Mitglieder für 2022 angesichts steigender Corona-Inzidenzen und hoher Inflationsrate verhalten 13 Prozent erwarten eine schwarze Null, 9 Prozent die Rückkehr zum Vorkrisenniveau und nur 7 Prozent ein deutliches Wachstum.
Sollte es keine weiteren Einschränkungen des öffentlichen Lebens geben, die politischen Rahmenbedingungen stimmen und die Inflationsrate getrieben vor allem durch die hohen Energiepreise wieder sinken, geht der ZAW von einer Steigerung des Gesamtwerbemarkts von 3 Prozent auf 48,42 Mrd. Euro aus.
Klare politische Forderungen der ZAW-Mitglieder an die zukünftige Bundesregierung
84 Prozent der der ZAW-Mitglieder fordern von der neuen Bundesregierung, das Belastungsmoratorium endlich in Angriff zu nehmen und weitere Werbeverbote zu unterlassen. 66 Prozent möchten zudem die Wettbewerbsfähigkeit werbefinanzierter Digitalangebote gegen die Megaplattformen geschützt sehen und fordern, dass die digitale Wettbewerbsordnung der EU mindestens so stark wie das reformierte deutsche GWB ausfallen sollte. 72 Prozent verlangen von der neuen Koalition, die Refinanzierung der Medien und den Qualitätsjournalismus durch Werbefreiheit zu sichern, 75 Prozent fordern, datenbasierte Werbemöglichkeiten zu erhalten und das Einwilligungsmanagement für die Vielfalt digitaler Angebote umsetzbar auszugestalten – nicht nur für Plattformen. Ebenso erwarten sie eine Datenschutzpolitik nach marktwirtschaftlichen Prinzipien sowie Chancengleichheit im Wettbewerb.
Nicht zuletzt fordern 91 Prozent der ZAW-Mitglieder in puncto Selbstregulierung die benötigten Spielräume für verantwortungsbewusste Werbung und die erfolgreiche Arbeit des Werberats mindestens zu erhalten, wenn nicht sogar auszubauen.