Verbände der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft begrüßen Entscheidung des Bundeskartellamts, Apples App Tracking Transparency Programm kartellrechtlich zu prüfen

Das Bundeskartellamt verkündete heute die Einleitung eines Verfahrens gegen Apple wegen des Missbrauchs von Marktmacht. Das Bundeskartellamt geht dabei dem Anfangsverdacht nach, dass Apple durch Vorgaben, die es Dritten für die Verarbeitung von Daten auferlegt hat, eigene Angebote begünstigt und/oder andere Unternehmen behindert. Dem Verfahren liegt eine Beschwerde von Spitzenverbänden der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft von April 2021 zugrunde. Das Bundeskartellamt untersucht nun, ob das Unternehmen mit seinem Programm „App Tracking Transparency“ (ATT) gegen Kartellrecht verstößt.

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um ein breites Bündnis aus Verbänden der deutschen Medien- und Kommunikationswirtschaft, das unter dem Dach des ZAW unter anderem die folgenden Organisationen umfasst:

  • Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung e.V.
  • BDZV – Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V.
  • Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.
  • OMG e.V. Organisation der Mediaagenturen,
  • Markenverband e.V.
  • Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM),
  • MVFP Medienverband der freien Presse e. V.
  • Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.

Zu den Mitgliedern der Verbände zählen führende Medienanbieter, Online-Vermarkter, Media- und Werbeagenturen, Werbungtreibende und Institutionen neutraler Sozial- und Marktforschung.

Hintergrund

Die deutsche Medien-, Internet- und Werbewirtschaft setzt sich seit Jahren für einen ausgewogenen Datenschutz mit angemessenen Vorgaben für alle Akteure im Internet ein. Alle Unternehmen, die in Apples Ökosystem tätig sind, unterliegen den geltenden Vorgaben des Datenschutzes, insbesondere der EU-Datenschutzgrundverordnung („DSGVO“) und müssen daher rechtskonforme Einwilligungen für die Verarbeitung von Daten einholen.  Von der ausgewogenen gesetzgeberischen Abwägung aller betroffenen Interessen profitieren alle Beteiligten, vor allem auch Verbraucher, in Form eines vielfältigen und breiten Bevölkerungsschichten zugänglichen  Medienangebots  bei gleichzeitig hohem Datenschutzniveau.

Im April 2021 führte Apple sein ATT-Programm ein und stellte damit die eigenen wirtschaftlichen Interessen einseitig über die aller anderen Akteure in seinem Ökosystem. Mit ATT sperrte Apple faktisch für Drittanbieter den Zugang zu sog. Identifikationsdiensten in Apples Ökosystem, die u.a. dazu dienen, Präferenzen von Internetnutzern nachzuvollziehen und den Erfolg von Werbung zu messen. Das machte effektive, interessenbasierte Werbung auf Apple Geräten quasi über Nacht weitgehend unmöglich – für alle außer Apple. Apple begründete diesen Schritt mit einem besserem Datenschutz, was sich aber als Vorwand herausstellte:

  • App-Entwickler müssen bereits die Vorgaben der DSGVO einhalten, die weltweit strengsten Datenschutznormen.
  • Apple erfindet ein eigenes Konzept von Datenschutz, das – anders als die DSGVO – nicht demokratisch legitimiert ist. Ein privates Unternehmen regelt die Abwägung höchst sensibler Grundrechte und schwingt sich dabei zum „privaten Internetregulierer“ in eigener Sache auf. Was auch an der einseitigen Gestaltung des Einwilligungserfordernisses zu Lasten anderer Publisher durch Apple überaus deutlich wird.
  • Apple nimmt seine eigenen Apps vom ATT-Programm aus und sammelt Daten seiner Kunden in beispielloser Tiefe und Breite, jedoch ohne Nutzern eine einfache Möglichkeit zu bieten, dies abzustellen.
  • Apple nutzt seine Regelsetzungsmacht, um sein eigenes Werbegeschäft massiv auszubauen. Seit Einführung des ATT steigerte Apple in diesem Bereich seine Marktanteile und Einnahmen erheblich.
  • Auch für das Provisionsgeschäft zahlt sich ATT aus: Werden Apps nicht entgeltfrei und werbefinanziert angeboten, zahlt dies sprichwörtlich auf die Einnahmen des Konzerns in diesem Bereich ein.

Verbraucher sind die Verlierer dieser Maßnahme: Weil App-Entwickler ihre Angebote nicht mehr durch Werbung finanzieren können, müssen sie ihre Apps kostenpflichtig anbieten. Studien zeigen einen signifikanten Anstieg von Bezahl-Apps seit Einführung des ATT-Programms. App-Entwickler, darunter zahlreiche Anbieter audiovisuelle Medien, Verleger und Digital-Publisher, verlieren Nutzer und ihre Umsätze brechen ein. Medienpluralismus und Meinungsvielfalt werden eingeschränkt.

Bundeskartellamt eröffnet Verfahren

Das Bündnis aus Verbänden betroffener Medien- und Technologieunternehmen hatte darum im April 2021 Beschwerde bei dem Bundeskartellamt eingereicht. Das Amt nimmt die geschilderten Bedenken zum Anlass, dem „Anfangsverdacht [nachzugehen], dass diese Regelungen Apples eigene Angebote bevorzugt behandeln und/oder andere Unternehmen behindern könnten“. Apple müsse die Regeln in seinem Ökosystem „wettbewerbskonform gestalten“. Daran bestünden „begründete Zweifel, wenn Apple Regeln für Dritte festlegt, die aber ausgerechnet für Apple nicht gelten sollen“. Das Bundeskartellamt prüft daher, ob Apple neben den Vorschriften des Europäischen Wettbewerbsrechts auch neue Regeln zur Missbrauchsaufsicht über große Digitalkonzerne verletzt, die im letzten Jahr in Kraft getreten sind (§ 19a GWB). Dieses Verfahren könnte mit einer Abstellungsverfügung und/oder einer Geldbuße für Apple enden. Die Verbände fordern, dass Apple den Zugang von Dritten zu Identifikationsdiensten diskriminierungsfrei wiederherstellt und effektiven Wettbewerb in seinem Ökosystem ermöglicht.

Das Bundeskartellamt prüft parallel, ob Apple eine überragende marktübergreifende Stellung nach § 19a Abs. 1 GWB einnimmt. Diese Feststellung ist Voraussetzung dafür, dass die neue Missbrauchsaufsicht auf Apple anwendbar ist.

Stellungnahme der Verbände

Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer ZAW: „Wir sind zufrieden. Unsere Argumentation, wonach Apple als Beherrscher eines ganzen ÖkoSystems an Regeln gebunden ist und ATT angesichts der Fakten und Daten, die wir vorgelegt haben, diese Regeln verletzt, wurde vom BKartA mit der Verfahrenseröffnung bestätigt. Heute ist ein guter Tag für die Vielfalt und breite Zugänglichkeit von Apps und damit für die Verbraucher und die Allgemeinheit. Auch wenn Apple mit Kampagnen und PR die Öffentlichkeit für sich einnehmen wollte ist es doch so: Apples ATT nutzt ausschließlich Apple. Angesichts der gesetzlichen Datenschutzbestimmungen ist ATT nicht geboten und seine konkrete Ausgestaltung ist unfair.“

Die Verbände haben für ihre Beschwerden die auf Medien- und Kartellrecht spezialisierte Kanzlei Hausfeld beauftragt.

Silberstreif am Horizont – Werbewirtschaft kehrt 2021 in Teilen zu alter Stärke zurück, blickt aber besorgt in die Zukunft

Der Werbemarkt in Deutschland ist 2021 um rund 6 Prozent auf 47 Mrd. Euro gewachsen (2020: 45 Mrd. Euro). Während die Investitionen in Werbung auf 36,06 Mrd. Euro und die Netto-Werbeeinnahmen der Medien auf 25,87 Mrd. Euro zulegen konnten und damit das Vorkrisenniveau (2019) übertrafen, verfehlten andere Kommunikationskanäle die Vor-Corona-Ergebnisse trotz auch hier teilweise zu verzeichnender Aufwärtstrends. Wenig überraschend wächst die digitale Werbung 2021 erneut zweistellig – allerdings auch weiterhin zugunsten der Megaplattformen. Überraschend hingegen erzielte die Printwerbung erstmals seit Jahren wieder ein Plus. Deutlich zulegen konnten auch TV | Bewegtbild, die Außenwerbung und das Kino. Auch Sponsoring wuchs mit der Rückkehr des öffentlichen Lebens im Sommer um 10 Prozent. Insgesamt gelingt die Rückkehr zum Vorkrisenniveau (2019) aber nicht durchgängig. So waren beispielsweise die Werbeartikel auch 2021 hart von den Maßnahmen gegen die Pandemie getroffen, ebenso im Minus der Werbedruckbereich. Sorgen bereiten zudem die Perspektiven für das Jahr 2022: Die Mehrheit der ZAW-Mitglieder leidet bereits unter den hohen Rohstoff- und Energiepreisen. Die sinkende Konsumlaune angesichts der steigenden Inflation und das hohe Maß an Unsicherheit bei Verbrauchern und Unternehmen infolge des Ukraine-Krieges sind eine zunehmende Gefahr für Werbeinvestitionen und die Wertschöpfung durch den Sektor. Von der Politik erwartet der ZAW positive Rahmenbedingungen und Gesetze, die den Wettbewerb stärken, statt der Wirtschaft weitere Fesseln anzulegen. Werbeverbote und einseitige Regulierung sind nach Ansicht des Dachverbands weniger denn je angebracht.

Die Werbewirtschaft ist mit dem positiven Ergebnis von plus 6 Prozent im Jahr 2021 größtenteils zufrieden, vor allem da 2020 ein besonders tiefes Tal für die Branche bedeutete: Mit minus 7 Prozent hatte die Werbewirtschaft einen deutlich höheren Rückgang als die Gesamtwirtschaft (-5%) zu verkraften. Die Einbußen wären 2020 noch deutlich höher ausgefallen, hätte die digitale Werbung nicht ein zweistelliges Plus erwirtschaftet, von dem allerdings fast ausschließlich die Megaplattformen profitierten. Alle übrigen Werbeträger und Formen kommerzieller Kommunikation waren – teilweise sehr deutlich – im Minus und hart bis existenziell getroffen.

Andreas F. Schubert, Präsident des ZAW, zum Ergebnis 2021: „Wir sind erleichtert und zufrieden über das überwiegend gute Ergebnis unserer Branche in 2021 ohne zu vergessen, wo wir herkommen, denn das Vorkrisenniveau konnten wir noch nicht komplett wieder erreichen. Zwei Lockdowns, Lieferkettenprobleme und steigende Energiepreise erschwerten die Normalisierung auf das Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Dennoch konnte die Werbebranche ein vergleichsweise gutes Ergebnis mit einem Marktvolumen von 47,34 Mrd. Euro (+5,5% zu 2020) erreichen. Mit Blick auf 2022 besteht jedoch Grund zur Sorge. Historisch hohe Inflationsraten, weiter steigende Energiepreise und deutlich gestörte Lieferketten belasten zunehmend. Die Probleme haben sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verstärkt. Diese neue Realität ist bei den Verbrauchern angekommen: Konsumlaune, Einkommenserwartungen und Anschaffungsneigungen sind bereits merklich gesunken. Daher dürfen Werbeverbote unsere Branche nicht zusätzlich belasten. Überregulierung, Abhängigkeiten und Wettbewerbsverzerrungen im digitalen Werbemarkt müssen ebenfalls energisch angegangen werden. Die Wertschöpfung und der public value, für die die Branche stehen, sind in Zeiten wie diesen wichtiger denn je: Die Werbewirtschaft verhilft Innovationen zum Markterfolg. Sie befördert den Wandel und Transformation, und zwar in allen Teilen der Wirtschaft. Qualitätsjournalismus muss unternehmerisch refinanziert werden, Unterhaltung und Sport ebenfalls.“

Die Ergebnisse des Werbejahres 2021 im Detail

Die Werbewirtschaft steht 2021 für Gesamtinvestitionen in kommerzielle Kommunikation von 47,3 Mrd. Euro. Damit stiegen diese um 5,5 Prozent zum Vorjahr (44,86 Mrd. Euro). Der Wert setzt sich zusammen aus den medienbasierten Investitionen in Werbung (36,1 Mrd. Euro), inklusive der Netto-Werbeeinahmen erfassbarer Werbeträger, sowie den weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (11,3 Mrd. Euro). Während die beiden erstgenannten Werte das Vorkrisenjahr 2019 übertrafen, galt dies für die weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (Werbeartikel, Sponsoring, Kataloge | weitere Werbedrucke) nicht. Obschon ein kräftiger Zuwachs beim Sponsoring (+10%) erzielt wurde, mussten die schon in 2020 durch die Lockdowns und damit verbundenen Eventausfälle gebeutelten Werbeartikel 2021 erneut ein deutliches Minus hinnehmen. Auch die Kataloge und Werbedrucke verzeichneten erneut ein Minus. In Summe gelang es daher noch nicht, das Vorkrisenniveau von insgesamt 48,33 Mrd. Euro aus 2019 zu erreichen.

Bei den Netto-Werbeerlösen der Medien (25,87 Mrd. Euro, + 8,8%) waren neben der digitalen Werbung (+16,4%), vor allem TV | Bewegtbild (+12,1%), die Außenwerbung (+8,5%), die Tageszeitungen (+6,4%) und das Kino (+17,8%) Gewinner in 2021. Die Printwerbung wies insgesamt entgegen vieler Befürchtungen in Summe ein Plus von 1,1 Prozent aus. Die Tageszeitungen haben zum ersten Mal seit 14 Jahren positive Printwerbeerlöse erzielen können. Neben den Tageszeitungen generierten auch die Wochen- und Sonntagszeitungen (+3%) sowie die Anzeigenblätter (+1,1%) ein Plus.

BIP-Anteil

Mit ihren rund 47 Mrd. Euro erreichte die Werbewirtschaft einen Anteil von 1,33 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Die durch Werbeinvestitionen erzielte Wertschöpfung wirkt als dreifacher Hebel für das BIP-Wachstum: Der Beitrag der Werbewirtschaft zum BIP-Anstieg lag 2021 bei 7,08 Mrd. Euro.

ZAW-Trendanalyse Frühjahr 2022

Die ZAW-Trendanalyse zeigt ein uneinheitliches Bild. Sie spiegelt die positiven Aufschwungserfahrungen des Vorjahrs und die Möglichkeiten ihrer Fortsetzung in 2022 wider. Wegen der konjunkturellen Entwicklung und bei den politischen Indikatoren macht sich aber auch Skepsis breit. Zwar erwarten mehr als die Hälfte der ZAW-Mitglieder im 1. Halbjahr eine schwarze Null (55%), 21 Prozent sogar eine Steigerung auf das Vorkrisenjahr 2019 oder darüber, wohingegen 17 Prozent einen Rückgang auf das Corona-Jahr 2020 befürchten.

Die Sorgen über weiter steigende Energiepreise und die Rohstoffknappheit ist aber bereits sehr präsent: 62 Prozent sind stark von den hohen Energiepreisen betroffen, 38 Prozent mittelstark. 59 Prozent sind deutlich von den hohen Rohstoffpreisen und Vorprodukten wie Papier betroffen, 28 Prozent mittelhoch. Von der agrarischen Rohstoffsituation (z.B. Weizen, Soja, Zucker) sind 24 Prozent der Mitglieder stark betroffen und ebenfalls 24 Prozent mittelstark. Logistik- und Lieferkettenprobleme beklagen 45 Prozent als hoch und 28 Prozent als mittelstark, während lediglich 28 Prozent nur gering betroffen sind. 79 Prozent dar ZAW-Mitglieder sehen beim Konsumklima infolge der Ukraine-Krise zwar keine positive Entwicklung, stufen die Lage aber noch nicht als schlecht ein. 21 Prozent der ZAW-Mitglieder beurteilten die Lage jedoch bereits als schlecht.

Die Frage zur Stimmung in der Werbebranche auf einer Skala von 8 („ausgezeichnet“) bis 1 („bedrohlich“) zeigt im Frühjahr 2022 einen leicht besseren Durchschnittswert mit 3,5 als im Corona-Jahr 2021 zu Lockdownzeiten (3,3). Aufgeschlüsselt nach Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ergeben sich für die wirtschaftliche Situation verhaltene 4,0 Punkte, die gesellschaftliche Situation 3,7 und zur politischen Lage besorgte 2,9 Punkte. Die Werte stehen für die zunehmend schwieriger werdenden ökonomischen Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Herausforderungen und die Sorgen bei der politischen Agenda. Mit überwältigenden 90 Prozent steht der Schutz vor politischen Belastungen, die die Branche in angespannter Wirtschaftslage ausbremsen, ganz oben auf der Tagesordnung.

Ausblick auf 2022

Andreas F. Schubert zur Werbemarktentwicklung 2022: „Im laufenden ersten Halbjahr 2022 zeigen sich zwei Gesichter, die eine Prognose für die Weiterentwicklung des Werbejahres 2022 erschweren: Zum einen existiert auf der Konsumentenseite grundsätzlich die Lust zu konsumieren, denn es besteht nach mehr als zwei Jahren Corona-Beschränkungen schlicht Nachholbedarf. Hinzu kommt, dass sich ausreichend Vermögen in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 angesammelt hat, da nicht im üblichen Maße konsumiert werden konnte. Andererseits stehen weniger finanzielle Mittel für größere Anschaffungen zur Verfügung, wenn für Benzin, Strom, Heizöl, Gas und viele Lebensmittel deutlich mehr Geld ausgegeben werden muss. Längerfristig stark ansteigende Preise sind für die Verbraucher und viele betroffene Branchen erheblich negativ. Ändert sich die geopolitische Lage hingegen, ist eine verbesserte Gesamtkonjunktur ab der zweiten Jahreshälfte 2022 denkbar und erreicht dann auch zeitversetzt die Werbewirtschaft. Sie hat in den vergangenen zwei Jahren gelernt und gezeigt, dass sie schnell und flexibel reagieren kann.“

Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer ZAW, umreißt die aktuellen, werbepolitischen Perspektiven der Branche: „Auch 2021 profitierte die Online-Werbung außerordentlich von der wachsenden Online- und E-Commerce-Nutzung und den daraus resultierenden Budgetshifts in den digitalen Werbemarkt. Wenige dominante Plattformen, die marktübergreifend, teilweise auch gleichzeitig auf der Angebots- wie der Nachfrageseite tätig sind, konnten in dieser Situation ihren Datenreichtum, Netzwerkeffekte und Skalierungsmöglichkeiten vollauf zur Geltung bringen. Diese Bedingungen erklären die weiterhin einseitige Entwicklung des digitalen Werbemarkts, von der hauptsächlich die Gatekeeper-Plattformen profitierten. Auf europäischer Ebene geht die neuartige Regulierung durch den DMA (Digital Markets Act) aus ZAW-Sicht in die richtige Richtung: Er ist der langersehnte Versuch Europas, die stetig wachsende Marktmacht digitaler Tech-Plattformen proaktiv einzuhegen und bestreitbare Märkte zu schaffen. Die weiteren digitalpolitischen Politik- und Gesetzgebungsfelder, beispielsweise der DSA und die E-Privacy-Verordnung, sind für die ZAW-Mitglieder unverändert erfolgskritisch. Und natürlich sind Formulierungen, die für Werbeverbote und einseitige -restriktionen auf produktspezifischer Ebene stehen, wie etwa mit Blick auf die Lebensmittelwerbung, von besonderer Bedeutung. Die Unternehmen in der Wertschöpfungskette, allen voran die werbefinanzierten Medien, aber auch mittelständische Hersteller brauchen Rahmenbedingen, die ihre Krisenresilienz stärken und die sie bei den ohnehin großen Herausforderungen der Transformation unterstützen. Die ZAW-Mitglieder erwarten unter den deutlich veränderten Bedingungen des Jahres 2022 also eine Politik mit Augenmaß und Evidenzbezug und nicht das Abarbeiten von ohnehin schwach begründeten Interventionslisten.“

ZAW-Präsident Andreas F. Schubert wiedergewählt

Andreas F. Schubert ist von den Delegierten der 43 Mitgliedsorganisationen des Spitzenverbands der Werbewirtschaft einstimmig wiedergewählt worden. Turnusgemäß wurde auch über das ZAW-Präsidium neu abgestimmt. Hans-Henning Wiegmann wird Ehrenmitglied des ZAW.

Andreas F. Schubert geht seine neue Amtsperiode als ZAW-Präsident mit deutlicher Botschaft an: „Unsere heute veröffentlichten Daten zum Werbemarkt 2021 bedeuten mit +6 Prozent einen Silberstreif am Horizont. Nach dem coronabedingten Rückgang 2020 von minus 7 Prozent, deutlich mehr als die Gesamtwirtschaft, war diese Erholung bitter nötig. Sie ist noch nicht nachhaltig, mit dem russischen Angriff auf die Ukraine erfahren wir aber bereits erhebliche neue konjunkturelle und strukturelle Schwierigkeiten. Umso unverständlicher ist es für uns, dass Werbeverbote und weitere regulatorische Belastungen scheinbar unverändert im Raum stehen. Sie versprechen, etwa bei der Lebensmittelwerbung, keinen nennenswerten gesundheitspolitischen Nutzen, hätten aber erhebliche negative Folgen. Dies gilt insbesondere für die Refinanzierung der Medien, deren Qualität und Vielfalt gerade in diesen Zeiten wichtiger ist denn je.“

„Sorgen bereiten uns auch die ungemeinen Machtpotenziale der marktdominierenden Plattformen und eine drohende, immer weiter ausufernde Regulierung beim Datenschutz. Die Wettbewerbs- und Datenpolitik bleiben daher zentrale Politikfelder für den ZAW und unsere Mitglieder“, umreißt Schubert die werbepolitische Agenda des ZAW.

Turnusgemäß stand auch das gesamte Präsidium des Spitzenverbands der deutschen Werbewirtschaft zur Wahl. Die Vizepräsidenten des ZAW sind Jürgen Doetz, Thomas Ruhfus, Stefan Rühling und neu Fabio Olivotti. Ebenfalls einstimmig gewählt wurden als neue Präsidiumsmitglieder Kai Fischer, Thomas Hinderer, Larissa Pohl und Hans-Joachim Strauch.

Hans-Henning Wiegmann wurde heute zum Ehrenmitglied des ZAW ernannt. Damit würdigt die Branche sein außerordentliches Engagement für die Werbewirtschaft in seinen Funktionen als ZAW-Präsident von 2001 bis 2007 sowie seine langjährige Arbeit als Vorsitzender des Deutschen Werberats von 2007 bis 2022. Wiegmann hat mit seinem klaren Kompass für Freiheit und Verantwortung die Branche und deren Selbstregulierung durch zwei Dekaden geführt, in denen sich die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Parameter und Debatten nachhaltig verändert haben – und damit zugleich auch die Werbung selbst. Er übergibt beim Werberat den Staffelstab an Thomas Hinderer, der heute zum Vorsitzenden gewählt wurde.