Werbemarkt auch 2023 im leichten Plus. Wirtschaftliche Aussichten für 2024 aber unsicher, politische Vertretung der Branche geforderter denn je.

Werbemarkt auch 2023 im leichten Plus. Wirtschaftliche Aussichten für 2024 aber unsicher, politische Vertretung der Branche geforderter denn je.

Das Marktvolumen der Werbewirtschaft stieg 2023 gegenüber dem Vorjahr um 1,5 Prozent auf rund 48,79 Mrd. Euro. Die medienbasierten Investitionen in Werbung stiegen um 2,2 Prozent auf 36,98 Mrd. Euro (2022: 36,18 Mrd. Euro). Die Branche, deren Anteil am BIP sich auf 1,2 Prozent beläuft, lässt die Jahre mit multiplen Krisen hinter sich und verzeichnet das zweite Jahr hintereinander ein leichtes Gesamtplus. Nach dem Rückgang der Netto-Werbeeinnahmen der Medien im Vorjahr konnten nunmehr deren Nettoerlöse um 0,7 Prozent zulegen. Dagegen sanken die Einnahmen durch weitere Formen kommerzieller Kommunikation um 0,8 Prozent. Weitere Steigerungen im Jahr 2024 sind möglich, bedürfen aber deutlich verbesserter Rahmenbedingungen. Bleiben sie aus, wird die Erholung auf breiterer Front kaum eintreten. Besorgniserregend: Für die Werbewirtschaft drohen weiterhin Verbote und bürokratische Überregulierung – in Deutschland wie auch auf EU-Ebene. Der ZAW blickt im 75. Jahr der Vertretung der Branche auf große Herausforderungen.

ZAW-Präsident Andreas F. Schubert bilanziert: „Das Erfreuliche vorweg: Die Werbewirtschaft ist 2023 gewachsen, und zwar um 1,5 Prozent auf 48,79 Mrd. Euro. Das ist in einem Jahr, das vielfach Grund zur Sorge gegeben hat – ökonomisch, politisch und beim gesellschaftlichen Zusammenhalt – eine gute Nachricht. Die Branche ist, so wie vom ZAW prognostiziert, auf Wachstumskurs geblieben – allerdings auf einem sehr fragilen. Auch 2024 wird die gesamtwirtschaftliche Lage angespannt bleiben. Der anhaltende Krieg in der Ukraine und Wahlen mit besorgniserregenden Prognosen stehen bevor. Die Demokratien sind europaweit herausgefordert. Bei angespannter Budgetlage sucht die Politik nach Lösungen, um das Notwendige zu bewirken und die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft zu stärken. Die strukturellen Probleme des Standorts werden mittlerweile erkannt, Ankündigungen sind aber noch keine Resultate. Drohende Werbeverbote auf nationaler Ebene und nach den EU-Wahlen zu Lasten der Marktkommunikation gehende europäische Vorhaben sind in dieser Situation mehr als hinderlich, insbesondere im Hinblick auf die Refinanzierung der für die Demokratie hochrelevanten Medien. Die Interessenvertretung im ZAW-Netzwerk hat größere Bedeutung denn je.“

Der Werbemarkt 2023

Die Werbewirtschaft verzeichnet auch 2023 ein leichtes Plus und setzt damit das sanfte Wachstum aus den letzten beiden Jahren fort. Mit einem Marktvolumen von 48,79 Mrd. Euro (2022: 48,09 Mrd. Euro) liegt der Werbemarkt in Deutschland jetzt über dem Vor-Coronawert von 48,33 Mrd. Euro.

Die Gesamtinvestitionen in kommerzielle Kommunikation setzen sich zusammen aus den medienbasierten Investitionen in Werbung (36,98 Mrd. Euro), inklusive der Netto-Werbeeinahmen erfassbarer Werbeträger, sowie den weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (11,81 Mrd. Euro).

Bei den Netto-Werbeeinnahmen der erfassbaren Werbeträger konnte die Branche 2023 ein leichtes Plus von 0,7 Prozent verzeichnen und damit das Minus aus dem Vorjahr von 0,5 Prozent kompensieren. Die weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (Werbeartikel, Sponsoring, Kataloge | Weitere Werbedrucke) mussten einen Rückgang um 0,8 Prozent hinnehmen, nachdem sie im Vorjahreszeitraum durch Nachpandemieeffekte um rund 6 Prozent zugelegt hatten.

Das Bild bei den Nettodaten fällt für die einzelnen Werbeträger sehr gemischt aus. Von den erfassten Werbeträgern schnitten einige – darunter der gesamte Digitalbereich – (deutlich) positiver als 2022 ab. Hauptnutznießer waren hier allerdings erneut die dominierenden Plattformen, während alle anderen Publisher weitaus schwächer vom starken digitalen Plus profitieren konnten. Positiv entwickelten sich auch Kino- und Außenwerbung. Ein Werbeträger, Radio, stagnierte (nahezu), alle anderen, namentlich der Printbereich und TV, mussten teilweise deutliche Rückgänge verkraften (alle Daten in gesonderter Grafik).

Die Anteile der Werbeträger am Gesamtnettoumsatz in Deutschland weisen im Vorjahresvergleich eine anhaltende Tendenz in Richtung Digitalmarkt auf: Internetwerbung verzeichnet eine Steigerung um 3,7 Prozentpunkte von 46,0 Prozent auf nahezu 50 Prozent (49,7 Prozent). Print fällt auf 28,2 Prozent zurück (2022: 29,4 Prozent), Fernsehen | Bewegtbild auf 19,6 Prozent (2022: 20,7 Prozent). Postalische Direktwerbung, Außenwerbung, Radio | Audio und Kino bleiben bei den Marktanteilen weitgehend stabil.

Eine wesentliche Erkenntnis aus den Nettodaten lautet: Die Bestreitbarkeit der dominanten Marktpositionen der digitalen Gatekeeper-Plattformen fällt nach wie vor aus. Die Marktdaten belegen, dass die Wachstumsdominanz einiger weniger Plattformen ungebrochen anhält. Die Erwartung mancher, wonach künstliche Intelligenz und Konkurrenz zwischen Plattformen hieran etwas ändern werde, wird sich nach Ansicht des ZAW nicht erfüllen. Im Gegenteil, solange wettbewerbsfeindliche Strukturen auf den digitalen Werbemärkten nicht aufgebrochen und einseitiger Regelsetzungsmacht nicht Einhalt geboten wird, wird die Schere zu Lasten abertausender Publisher und am Ende auch der Werbungtreibenden und Verbraucher weiter aufgehen.

Jobangebote in der Werbebranche gehen 2023 zurück

Nachdem 2022 die Stellenangebote um 10 Prozent gestiegen waren, gingen die Angebote 2023 mit einem Minus von 39 Prozent deutlich zurück. Insbesondere die werbenden Firmen waren 2023 äußerst zurückhaltend, was die Suche nach Mitarbeitern im Bereich der Werbeberufe betrifft. Die größte Nachfrage besteht traditionell bei den Agenturen, die im Berichtsjahr rund 81 Prozent der Angebote stellten, vor den Werbungtreibenden mit 14 Prozent und den Medien mit 5 Prozent.

Während bei den Agenturen Mediaexperten (561 Angebote), Mitarbeiter für Marketing und Werbung (532) sowie Auszubildende und Trainees (453) gesucht wurden, bestand bei den werbenden Unternehmen Bedarf für ausgebildetes Personal im Bereich Marketing und Werbung (450) – Auszubildende und Trainees wurden nur wenige für diesen Bereich gesucht (24). Bei den Medien wurden in erster Linie Mediaexperten gesucht (83), Auszubildende oder Trainees lediglich 6.

Die Arbeitslosenzahl im Bereich Marketing und Werbung stieg um 20,1 Prozent von 25.160 im Jahr 2022 auf 30.217 im Jahr 2023 (jeweils Monat Dezember), so die Bundesagentur für Arbeit. Auch hier zeigt sich, dass sich die Werbewirtschaft weiterhin in schwierigen Zeiten befindet. Rund 900.000 Menschen sind in der Branche beschäftigt.

Im Unterschied zum Vorjahr steht der Fachkräftemangel aktuell auf Platz 2 der Wachstumshemmnisse für die Agenturbranche, die größte Bremse ist die Konjunkturschwäche und die damit einhergehende Konsumzurückhaltung der Verbraucher. Die Hälfte der im GWA Frühjahrsmonitor 2024 befragten Agenturen hat derzeit mehr Festangestellte als noch im Vorjahr. Auch hier hält Künstliche Intelligenz Einzug: 19 Prozent der Agenturen haben eigens dafür neues Personal eingestellt und versuchen auch auf diesem Weg dem Fachkräftemangel zu begegnen.

ZAW-Trendanalyse Frühjahr 2024

Die ZAW-Trendanalyse zeigt eine weiter besorgte Einschätzung der konjunkturellen und werbewirtschaftlichen Erwartungen. Die Unsicherheit ist groß, die Stimmung ist angespannt. Die Mehrheit befürchtet Stagnation oder gar einen Rückgang der Werbekonjunktur: 42 Prozent der an der Umfrage teilnehmenden ZAW-Mitglieder erwarten für das Gesamtjahr 2024 eine schwarze Null, 18 Prozent erwarten eine schlechtere Entwicklung. Immerhin 39 Prozent sehen Chancen für eine verglichen mit 2023 positive Entwicklung. Diese Tendenz zeigt sich auch in den Erwartungen für das erste Halbjahr 2024.

Die Frage zur aktuellen Stimmung in der Werbebranche auf einer Skala von 8 = ausgezeichnet bis 1 = bedrohlich zeigt im Frühjahr 2024 mit 3,1 Punkten einen nahezu identischen Durchschnittswert wie in der Herbstwelle 2023 (3,2 Punkte). Aufgeschlüsselt nach Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ergeben sich für die wirtschaftliche Situation gleichbleibend 3,6 Punkte, zur politischen Lage nochmals schlechtere 2,3 Punkte (Herbst 2023: 2,5) sowie gesellschaftlich 3,3 Punkte (Herbst: 3,4 Punkte). Die weiterhin historisch niedrigen Werte können als Echo auf die wirtschafts- und werbepolitische Regierungsarbeit aufgefasst werden.

Die Arbeitsmarktsituation ist aus Sicht fast aller ZAW-Mitglieder problematisch: Rund 47 Prozent der Mitglieder beklagen weiterhin einen großen bis sehr großen Fachkräftemangel, ebenso viele einen mittelgroßen und nur 6 Prozent einen geringen. 75 Prozent geben an, dass die Lebensmittelwerbeverbotspläne des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft bei ihren Mitgliedern Arbeitsplätze sicher bzw. sehr wahrscheinlich gefährden – 46 Prozent der ZAW-Mitglieder sehen zudem, dass die Pläne ihre Geschäftsentwicklung stark bzw. sehr stark beeinflussen werden.

Die betrieblich unternehmerische Situation sehen die ZAW-Mitglieder wieder kritischer als noch im Vorjahr: 47 Prozent befürchten Insolvenzen (2023: 33 Prozent), 57 Prozent gehen davon aus, dass es Fusionen geben wird. Sorgen bereitet ihnen außerdem das für die Branche so wichtige Konsumklima: Nur 3 Prozent schätzen es als positiv ein, 41 Prozent als mittelmäßig und mit 56 Prozent mehr als die Hälfte als schlecht. Immerhin, gegenüber dem Vorjahr stellt dies eine spürbare Verbesserung dar (2023: 78 Prozent).

Politische To-Dos

ZAW-Präsident Andreas F. Schubert appelliert an die Politik: „Wir brauchen beides: Auf der einen Seite regulatorisches Augenmaß, die Rückkehr zu Maß und Mitte, wenn es um Vorgaben und Einschränkungen geht. Und auf der anderen Seite tatkräftiges Engagement in Bezug auf die digitalen Werbemärkte. Die Möglichkeit freier und unbürokratischer Marktkommunikation ermöglicht erst den Erfolg von Marken und Innnovationen – und für Verbraucher angemessene Preise. Verbote und Bürokratie bewirken das Gegenteil. Zudem ist für die breite Zugänglichkeit, ja die Existenz vieler Medienangebote – und damit für die demokratische Verfassung der Gesellschaft – die Werbefinanzierung wichtiger denn je.“ Dr. Bernd Nauen, ZAW-Hauptgeschäftsführer ergänzt: „Evidenzbasierte Entscheidungen und Reality-Checks werden in vielen Bereichen benötigt: Wenn Forderungen nach produktbezogenen Werbeverboten erhoben werden, bezüglich der Vorgaben für umweltbezogene Werbung, bei der Beurteilung datenbasierter Geschäftsmodelle und ganz besonders auch mit Blick auf die Wiederherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen auf den digitalen Werbemärkten und dem Schutz vor einseitiger Regelungsmacht durch Gatekeeper. Wir sind gespannt, ob die europäischen Institutionen nach der Wahl die Zeichen der Zeit erkennen.“

Das ZAW-Jahrbuch 2024 ist erschienen, lesen Sie auf 54 Seiten Daten und Trends zur Werbewirtschaft, Werbepolitik und Selbstregulierung.

Verbände der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft begrüßen Entscheidung des Bundeskartellamts, Apples App Tracking Transparency Programm kartellrechtlich zu prüfen

Das Bundeskartellamt verkündete heute die Einleitung eines Verfahrens gegen Apple wegen des Missbrauchs von Marktmacht. Das Bundeskartellamt geht dabei dem Anfangsverdacht nach, dass Apple durch Vorgaben, die es Dritten für die Verarbeitung von Daten auferlegt hat, eigene Angebote begünstigt und/oder andere Unternehmen behindert. Dem Verfahren liegt eine Beschwerde von Spitzenverbänden der Medien-, Internet- und Werbewirtschaft von April 2021 zugrunde. Das Bundeskartellamt untersucht nun, ob das Unternehmen mit seinem Programm „App Tracking Transparency“ (ATT) gegen Kartellrecht verstößt.

Bei den Beschwerdeführern handelt es sich um ein breites Bündnis aus Verbänden der deutschen Medien- und Kommunikationswirtschaft, das unter dem Dach des ZAW unter anderem die folgenden Organisationen umfasst:

  • Arbeitsgemeinschaft Onlineforschung e.V.
  • BDZV – Bundesverband Digitalpublisher und Zeitungsverleger e.V.
  • Informationsgemeinschaft zur Feststellung der Verbreitung von Werbeträgern e.V.
  • OMG e.V. Organisation der Mediaagenturen,
  • Markenverband e.V.
  • Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM),
  • MVFP Medienverband der freien Presse e. V.
  • Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft ZAW e.V.

Zu den Mitgliedern der Verbände zählen führende Medienanbieter, Online-Vermarkter, Media- und Werbeagenturen, Werbungtreibende und Institutionen neutraler Sozial- und Marktforschung.

Hintergrund

Die deutsche Medien-, Internet- und Werbewirtschaft setzt sich seit Jahren für einen ausgewogenen Datenschutz mit angemessenen Vorgaben für alle Akteure im Internet ein. Alle Unternehmen, die in Apples Ökosystem tätig sind, unterliegen den geltenden Vorgaben des Datenschutzes, insbesondere der EU-Datenschutzgrundverordnung („DSGVO“) und müssen daher rechtskonforme Einwilligungen für die Verarbeitung von Daten einholen.  Von der ausgewogenen gesetzgeberischen Abwägung aller betroffenen Interessen profitieren alle Beteiligten, vor allem auch Verbraucher, in Form eines vielfältigen und breiten Bevölkerungsschichten zugänglichen  Medienangebots  bei gleichzeitig hohem Datenschutzniveau.

Im April 2021 führte Apple sein ATT-Programm ein und stellte damit die eigenen wirtschaftlichen Interessen einseitig über die aller anderen Akteure in seinem Ökosystem. Mit ATT sperrte Apple faktisch für Drittanbieter den Zugang zu sog. Identifikationsdiensten in Apples Ökosystem, die u.a. dazu dienen, Präferenzen von Internetnutzern nachzuvollziehen und den Erfolg von Werbung zu messen. Das machte effektive, interessenbasierte Werbung auf Apple Geräten quasi über Nacht weitgehend unmöglich – für alle außer Apple. Apple begründete diesen Schritt mit einem besserem Datenschutz, was sich aber als Vorwand herausstellte:

  • App-Entwickler müssen bereits die Vorgaben der DSGVO einhalten, die weltweit strengsten Datenschutznormen.
  • Apple erfindet ein eigenes Konzept von Datenschutz, das – anders als die DSGVO – nicht demokratisch legitimiert ist. Ein privates Unternehmen regelt die Abwägung höchst sensibler Grundrechte und schwingt sich dabei zum „privaten Internetregulierer“ in eigener Sache auf. Was auch an der einseitigen Gestaltung des Einwilligungserfordernisses zu Lasten anderer Publisher durch Apple überaus deutlich wird.
  • Apple nimmt seine eigenen Apps vom ATT-Programm aus und sammelt Daten seiner Kunden in beispielloser Tiefe und Breite, jedoch ohne Nutzern eine einfache Möglichkeit zu bieten, dies abzustellen.
  • Apple nutzt seine Regelsetzungsmacht, um sein eigenes Werbegeschäft massiv auszubauen. Seit Einführung des ATT steigerte Apple in diesem Bereich seine Marktanteile und Einnahmen erheblich.
  • Auch für das Provisionsgeschäft zahlt sich ATT aus: Werden Apps nicht entgeltfrei und werbefinanziert angeboten, zahlt dies sprichwörtlich auf die Einnahmen des Konzerns in diesem Bereich ein.

Verbraucher sind die Verlierer dieser Maßnahme: Weil App-Entwickler ihre Angebote nicht mehr durch Werbung finanzieren können, müssen sie ihre Apps kostenpflichtig anbieten. Studien zeigen einen signifikanten Anstieg von Bezahl-Apps seit Einführung des ATT-Programms. App-Entwickler, darunter zahlreiche Anbieter audiovisuelle Medien, Verleger und Digital-Publisher, verlieren Nutzer und ihre Umsätze brechen ein. Medienpluralismus und Meinungsvielfalt werden eingeschränkt.

Bundeskartellamt eröffnet Verfahren

Das Bündnis aus Verbänden betroffener Medien- und Technologieunternehmen hatte darum im April 2021 Beschwerde bei dem Bundeskartellamt eingereicht. Das Amt nimmt die geschilderten Bedenken zum Anlass, dem „Anfangsverdacht [nachzugehen], dass diese Regelungen Apples eigene Angebote bevorzugt behandeln und/oder andere Unternehmen behindern könnten“. Apple müsse die Regeln in seinem Ökosystem „wettbewerbskonform gestalten“. Daran bestünden „begründete Zweifel, wenn Apple Regeln für Dritte festlegt, die aber ausgerechnet für Apple nicht gelten sollen“. Das Bundeskartellamt prüft daher, ob Apple neben den Vorschriften des Europäischen Wettbewerbsrechts auch neue Regeln zur Missbrauchsaufsicht über große Digitalkonzerne verletzt, die im letzten Jahr in Kraft getreten sind (§ 19a GWB). Dieses Verfahren könnte mit einer Abstellungsverfügung und/oder einer Geldbuße für Apple enden. Die Verbände fordern, dass Apple den Zugang von Dritten zu Identifikationsdiensten diskriminierungsfrei wiederherstellt und effektiven Wettbewerb in seinem Ökosystem ermöglicht.

Das Bundeskartellamt prüft parallel, ob Apple eine überragende marktübergreifende Stellung nach § 19a Abs. 1 GWB einnimmt. Diese Feststellung ist Voraussetzung dafür, dass die neue Missbrauchsaufsicht auf Apple anwendbar ist.

Stellungnahme der Verbände

Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer ZAW: „Wir sind zufrieden. Unsere Argumentation, wonach Apple als Beherrscher eines ganzen ÖkoSystems an Regeln gebunden ist und ATT angesichts der Fakten und Daten, die wir vorgelegt haben, diese Regeln verletzt, wurde vom BKartA mit der Verfahrenseröffnung bestätigt. Heute ist ein guter Tag für die Vielfalt und breite Zugänglichkeit von Apps und damit für die Verbraucher und die Allgemeinheit. Auch wenn Apple mit Kampagnen und PR die Öffentlichkeit für sich einnehmen wollte ist es doch so: Apples ATT nutzt ausschließlich Apple. Angesichts der gesetzlichen Datenschutzbestimmungen ist ATT nicht geboten und seine konkrete Ausgestaltung ist unfair.“

Die Verbände haben für ihre Beschwerden die auf Medien- und Kartellrecht spezialisierte Kanzlei Hausfeld beauftragt.

Silberstreif am Horizont – Werbewirtschaft kehrt 2021 in Teilen zu alter Stärke zurück, blickt aber besorgt in die Zukunft

Der Werbemarkt in Deutschland ist 2021 um rund 6 Prozent auf 47 Mrd. Euro gewachsen (2020: 45 Mrd. Euro). Während die Investitionen in Werbung auf 36,06 Mrd. Euro und die Netto-Werbeeinnahmen der Medien auf 25,87 Mrd. Euro zulegen konnten und damit das Vorkrisenniveau (2019) übertrafen, verfehlten andere Kommunikationskanäle die Vor-Corona-Ergebnisse trotz auch hier teilweise zu verzeichnender Aufwärtstrends. Wenig überraschend wächst die digitale Werbung 2021 erneut zweistellig – allerdings auch weiterhin zugunsten der Megaplattformen. Überraschend hingegen erzielte die Printwerbung erstmals seit Jahren wieder ein Plus. Deutlich zulegen konnten auch TV | Bewegtbild, die Außenwerbung und das Kino. Auch Sponsoring wuchs mit der Rückkehr des öffentlichen Lebens im Sommer um 10 Prozent. Insgesamt gelingt die Rückkehr zum Vorkrisenniveau (2019) aber nicht durchgängig. So waren beispielsweise die Werbeartikel auch 2021 hart von den Maßnahmen gegen die Pandemie getroffen, ebenso im Minus der Werbedruckbereich. Sorgen bereiten zudem die Perspektiven für das Jahr 2022: Die Mehrheit der ZAW-Mitglieder leidet bereits unter den hohen Rohstoff- und Energiepreisen. Die sinkende Konsumlaune angesichts der steigenden Inflation und das hohe Maß an Unsicherheit bei Verbrauchern und Unternehmen infolge des Ukraine-Krieges sind eine zunehmende Gefahr für Werbeinvestitionen und die Wertschöpfung durch den Sektor. Von der Politik erwartet der ZAW positive Rahmenbedingungen und Gesetze, die den Wettbewerb stärken, statt der Wirtschaft weitere Fesseln anzulegen. Werbeverbote und einseitige Regulierung sind nach Ansicht des Dachverbands weniger denn je angebracht.

Die Werbewirtschaft ist mit dem positiven Ergebnis von plus 6 Prozent im Jahr 2021 größtenteils zufrieden, vor allem da 2020 ein besonders tiefes Tal für die Branche bedeutete: Mit minus 7 Prozent hatte die Werbewirtschaft einen deutlich höheren Rückgang als die Gesamtwirtschaft (-5%) zu verkraften. Die Einbußen wären 2020 noch deutlich höher ausgefallen, hätte die digitale Werbung nicht ein zweistelliges Plus erwirtschaftet, von dem allerdings fast ausschließlich die Megaplattformen profitierten. Alle übrigen Werbeträger und Formen kommerzieller Kommunikation waren – teilweise sehr deutlich – im Minus und hart bis existenziell getroffen.

Andreas F. Schubert, Präsident des ZAW, zum Ergebnis 2021: „Wir sind erleichtert und zufrieden über das überwiegend gute Ergebnis unserer Branche in 2021 ohne zu vergessen, wo wir herkommen, denn das Vorkrisenniveau konnten wir noch nicht komplett wieder erreichen. Zwei Lockdowns, Lieferkettenprobleme und steigende Energiepreise erschwerten die Normalisierung auf das Niveau des Vorkrisenjahres 2019. Dennoch konnte die Werbebranche ein vergleichsweise gutes Ergebnis mit einem Marktvolumen von 47,34 Mrd. Euro (+5,5% zu 2020) erreichen. Mit Blick auf 2022 besteht jedoch Grund zur Sorge. Historisch hohe Inflationsraten, weiter steigende Energiepreise und deutlich gestörte Lieferketten belasten zunehmend. Die Probleme haben sich durch den russischen Angriffskrieg auf die Ukraine verstärkt. Diese neue Realität ist bei den Verbrauchern angekommen: Konsumlaune, Einkommenserwartungen und Anschaffungsneigungen sind bereits merklich gesunken. Daher dürfen Werbeverbote unsere Branche nicht zusätzlich belasten. Überregulierung, Abhängigkeiten und Wettbewerbsverzerrungen im digitalen Werbemarkt müssen ebenfalls energisch angegangen werden. Die Wertschöpfung und der public value, für die die Branche stehen, sind in Zeiten wie diesen wichtiger denn je: Die Werbewirtschaft verhilft Innovationen zum Markterfolg. Sie befördert den Wandel und Transformation, und zwar in allen Teilen der Wirtschaft. Qualitätsjournalismus muss unternehmerisch refinanziert werden, Unterhaltung und Sport ebenfalls.“

Die Ergebnisse des Werbejahres 2021 im Detail

Die Werbewirtschaft steht 2021 für Gesamtinvestitionen in kommerzielle Kommunikation von 47,3 Mrd. Euro. Damit stiegen diese um 5,5 Prozent zum Vorjahr (44,86 Mrd. Euro). Der Wert setzt sich zusammen aus den medienbasierten Investitionen in Werbung (36,1 Mrd. Euro), inklusive der Netto-Werbeeinahmen erfassbarer Werbeträger, sowie den weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (11,3 Mrd. Euro). Während die beiden erstgenannten Werte das Vorkrisenjahr 2019 übertrafen, galt dies für die weiteren Formen kommerzieller Kommunikation (Werbeartikel, Sponsoring, Kataloge | weitere Werbedrucke) nicht. Obschon ein kräftiger Zuwachs beim Sponsoring (+10%) erzielt wurde, mussten die schon in 2020 durch die Lockdowns und damit verbundenen Eventausfälle gebeutelten Werbeartikel 2021 erneut ein deutliches Minus hinnehmen. Auch die Kataloge und Werbedrucke verzeichneten erneut ein Minus. In Summe gelang es daher noch nicht, das Vorkrisenniveau von insgesamt 48,33 Mrd. Euro aus 2019 zu erreichen.

Bei den Netto-Werbeerlösen der Medien (25,87 Mrd. Euro, + 8,8%) waren neben der digitalen Werbung (+16,4%), vor allem TV | Bewegtbild (+12,1%), die Außenwerbung (+8,5%), die Tageszeitungen (+6,4%) und das Kino (+17,8%) Gewinner in 2021. Die Printwerbung wies insgesamt entgegen vieler Befürchtungen in Summe ein Plus von 1,1 Prozent aus. Die Tageszeitungen haben zum ersten Mal seit 14 Jahren positive Printwerbeerlöse erzielen können. Neben den Tageszeitungen generierten auch die Wochen- und Sonntagszeitungen (+3%) sowie die Anzeigenblätter (+1,1%) ein Plus.

BIP-Anteil

Mit ihren rund 47 Mrd. Euro erreichte die Werbewirtschaft einen Anteil von 1,33 Prozent am Bruttoinlandsprodukt. Die durch Werbeinvestitionen erzielte Wertschöpfung wirkt als dreifacher Hebel für das BIP-Wachstum: Der Beitrag der Werbewirtschaft zum BIP-Anstieg lag 2021 bei 7,08 Mrd. Euro.

ZAW-Trendanalyse Frühjahr 2022

Die ZAW-Trendanalyse zeigt ein uneinheitliches Bild. Sie spiegelt die positiven Aufschwungserfahrungen des Vorjahrs und die Möglichkeiten ihrer Fortsetzung in 2022 wider. Wegen der konjunkturellen Entwicklung und bei den politischen Indikatoren macht sich aber auch Skepsis breit. Zwar erwarten mehr als die Hälfte der ZAW-Mitglieder im 1. Halbjahr eine schwarze Null (55%), 21 Prozent sogar eine Steigerung auf das Vorkrisenjahr 2019 oder darüber, wohingegen 17 Prozent einen Rückgang auf das Corona-Jahr 2020 befürchten.

Die Sorgen über weiter steigende Energiepreise und die Rohstoffknappheit ist aber bereits sehr präsent: 62 Prozent sind stark von den hohen Energiepreisen betroffen, 38 Prozent mittelstark. 59 Prozent sind deutlich von den hohen Rohstoffpreisen und Vorprodukten wie Papier betroffen, 28 Prozent mittelhoch. Von der agrarischen Rohstoffsituation (z.B. Weizen, Soja, Zucker) sind 24 Prozent der Mitglieder stark betroffen und ebenfalls 24 Prozent mittelstark. Logistik- und Lieferkettenprobleme beklagen 45 Prozent als hoch und 28 Prozent als mittelstark, während lediglich 28 Prozent nur gering betroffen sind. 79 Prozent dar ZAW-Mitglieder sehen beim Konsumklima infolge der Ukraine-Krise zwar keine positive Entwicklung, stufen die Lage aber noch nicht als schlecht ein. 21 Prozent der ZAW-Mitglieder beurteilten die Lage jedoch bereits als schlecht.

Die Frage zur Stimmung in der Werbebranche auf einer Skala von 8 („ausgezeichnet“) bis 1 („bedrohlich“) zeigt im Frühjahr 2022 einen leicht besseren Durchschnittswert mit 3,5 als im Corona-Jahr 2021 zu Lockdownzeiten (3,3). Aufgeschlüsselt nach Wirtschaft, Gesellschaft und Politik ergeben sich für die wirtschaftliche Situation verhaltene 4,0 Punkte, die gesellschaftliche Situation 3,7 und zur politischen Lage besorgte 2,9 Punkte. Die Werte stehen für die zunehmend schwieriger werdenden ökonomischen Rahmenbedingungen, gesellschaftliche Herausforderungen und die Sorgen bei der politischen Agenda. Mit überwältigenden 90 Prozent steht der Schutz vor politischen Belastungen, die die Branche in angespannter Wirtschaftslage ausbremsen, ganz oben auf der Tagesordnung.

Ausblick auf 2022

Andreas F. Schubert zur Werbemarktentwicklung 2022: „Im laufenden ersten Halbjahr 2022 zeigen sich zwei Gesichter, die eine Prognose für die Weiterentwicklung des Werbejahres 2022 erschweren: Zum einen existiert auf der Konsumentenseite grundsätzlich die Lust zu konsumieren, denn es besteht nach mehr als zwei Jahren Corona-Beschränkungen schlicht Nachholbedarf. Hinzu kommt, dass sich ausreichend Vermögen in den beiden Corona-Jahren 2020 und 2021 angesammelt hat, da nicht im üblichen Maße konsumiert werden konnte. Andererseits stehen weniger finanzielle Mittel für größere Anschaffungen zur Verfügung, wenn für Benzin, Strom, Heizöl, Gas und viele Lebensmittel deutlich mehr Geld ausgegeben werden muss. Längerfristig stark ansteigende Preise sind für die Verbraucher und viele betroffene Branchen erheblich negativ. Ändert sich die geopolitische Lage hingegen, ist eine verbesserte Gesamtkonjunktur ab der zweiten Jahreshälfte 2022 denkbar und erreicht dann auch zeitversetzt die Werbewirtschaft. Sie hat in den vergangenen zwei Jahren gelernt und gezeigt, dass sie schnell und flexibel reagieren kann.“

Bernd Nauen, Hauptgeschäftsführer ZAW, umreißt die aktuellen, werbepolitischen Perspektiven der Branche: „Auch 2021 profitierte die Online-Werbung außerordentlich von der wachsenden Online- und E-Commerce-Nutzung und den daraus resultierenden Budgetshifts in den digitalen Werbemarkt. Wenige dominante Plattformen, die marktübergreifend, teilweise auch gleichzeitig auf der Angebots- wie der Nachfrageseite tätig sind, konnten in dieser Situation ihren Datenreichtum, Netzwerkeffekte und Skalierungsmöglichkeiten vollauf zur Geltung bringen. Diese Bedingungen erklären die weiterhin einseitige Entwicklung des digitalen Werbemarkts, von der hauptsächlich die Gatekeeper-Plattformen profitierten. Auf europäischer Ebene geht die neuartige Regulierung durch den DMA (Digital Markets Act) aus ZAW-Sicht in die richtige Richtung: Er ist der langersehnte Versuch Europas, die stetig wachsende Marktmacht digitaler Tech-Plattformen proaktiv einzuhegen und bestreitbare Märkte zu schaffen. Die weiteren digitalpolitischen Politik- und Gesetzgebungsfelder, beispielsweise der DSA und die E-Privacy-Verordnung, sind für die ZAW-Mitglieder unverändert erfolgskritisch. Und natürlich sind Formulierungen, die für Werbeverbote und einseitige -restriktionen auf produktspezifischer Ebene stehen, wie etwa mit Blick auf die Lebensmittelwerbung, von besonderer Bedeutung. Die Unternehmen in der Wertschöpfungskette, allen voran die werbefinanzierten Medien, aber auch mittelständische Hersteller brauchen Rahmenbedingen, die ihre Krisenresilienz stärken und die sie bei den ohnehin großen Herausforderungen der Transformation unterstützen. Die ZAW-Mitglieder erwarten unter den deutlich veränderten Bedingungen des Jahres 2022 also eine Politik mit Augenmaß und Evidenzbezug und nicht das Abarbeiten von ohnehin schwach begründeten Interventionslisten.“

ZAW-Präsident Andreas F. Schubert wiedergewählt

Andreas F. Schubert ist von den Delegierten der 43 Mitgliedsorganisationen des Spitzenverbands der Werbewirtschaft einstimmig wiedergewählt worden. Turnusgemäß wurde auch über das ZAW-Präsidium neu abgestimmt. Hans-Henning Wiegmann wird Ehrenmitglied des ZAW.

Andreas F. Schubert geht seine neue Amtsperiode als ZAW-Präsident mit deutlicher Botschaft an: „Unsere heute veröffentlichten Daten zum Werbemarkt 2021 bedeuten mit +6 Prozent einen Silberstreif am Horizont. Nach dem coronabedingten Rückgang 2020 von minus 7 Prozent, deutlich mehr als die Gesamtwirtschaft, war diese Erholung bitter nötig. Sie ist noch nicht nachhaltig, mit dem russischen Angriff auf die Ukraine erfahren wir aber bereits erhebliche neue konjunkturelle und strukturelle Schwierigkeiten. Umso unverständlicher ist es für uns, dass Werbeverbote und weitere regulatorische Belastungen scheinbar unverändert im Raum stehen. Sie versprechen, etwa bei der Lebensmittelwerbung, keinen nennenswerten gesundheitspolitischen Nutzen, hätten aber erhebliche negative Folgen. Dies gilt insbesondere für die Refinanzierung der Medien, deren Qualität und Vielfalt gerade in diesen Zeiten wichtiger ist denn je.“

„Sorgen bereiten uns auch die ungemeinen Machtpotenziale der marktdominierenden Plattformen und eine drohende, immer weiter ausufernde Regulierung beim Datenschutz. Die Wettbewerbs- und Datenpolitik bleiben daher zentrale Politikfelder für den ZAW und unsere Mitglieder“, umreißt Schubert die werbepolitische Agenda des ZAW.

Turnusgemäß stand auch das gesamte Präsidium des Spitzenverbands der deutschen Werbewirtschaft zur Wahl. Die Vizepräsidenten des ZAW sind Jürgen Doetz, Thomas Ruhfus, Stefan Rühling und neu Fabio Olivotti. Ebenfalls einstimmig gewählt wurden als neue Präsidiumsmitglieder Kai Fischer, Thomas Hinderer, Larissa Pohl und Hans-Joachim Strauch.

Hans-Henning Wiegmann wurde heute zum Ehrenmitglied des ZAW ernannt. Damit würdigt die Branche sein außerordentliches Engagement für die Werbewirtschaft in seinen Funktionen als ZAW-Präsident von 2001 bis 2007 sowie seine langjährige Arbeit als Vorsitzender des Deutschen Werberats von 2007 bis 2022. Wiegmann hat mit seinem klaren Kompass für Freiheit und Verantwortung die Branche und deren Selbstregulierung durch zwei Dekaden geführt, in denen sich die wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und politischen Parameter und Debatten nachhaltig verändert haben – und damit zugleich auch die Werbung selbst. Er übergibt beim Werberat den Staffelstab an Thomas Hinderer, der heute zum Vorsitzenden gewählt wurde.