Erklärung des Präsidiums des Zentralverbands der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) zur Corona-Krise
Sehr starke Einbrüche am Werbemarkt mit substantiellen Gefahren für Werbeträger/Medien, Agenturen und Produktionsunternehmen – und die Beschäftigten in den Branchen der Werbewirtschaft. Das ZAW-Präsidium begrüßt die aktuellen Beschlüsse der Bundesregierung zur Liquiditätssicherung im Mittelstand, appelliert an die Politik, die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen konkret zu stärken, und ruft zu Fairness und Solidarität aller Unternehmen der Werbewirtschaft untereinander auf.
BERLIN, „Die Lage ist wegen des abrupten Shut Downs für die Unternehmen und Beschäftigten der Werbewirtschaft sehr ernst. Für Kinos, Sport, Kultur und Events sind die werbewirtschaftliche Geschäftsmodelle/Sponsoring ausgeschaltet. Für alle anderen Medien/Werbeträger sind die Einbußen bei der werbewirtschaftlichen Refinanzierung eklatant. Kritisch ist auch die Situation im Produktionssektor: Dreharbeiten sind schlichtweg nicht möglich, die Adaptionen bestehender Kampagnen oder rein digitale Produktionsschritte können zwar geleistet werden, für viele Agenturen oder Dienstleister ist dies aber nur für einen beschränkten Zeitraum noch unternehmerisch tragfähig. Vereinbarungen oder Planungen für „die Zeit danach“ sind in kaufmännisch verantwortlicher Weise sehr schwer zu treffen. Denn die weitere Perspektive ist ungewiss. Die Theorie, dass die Werbekonjunktur automatisch kraftvoll anspringt, wenn die Einschränkungen für das öffentliche Leben (in Deutschland) abgebaut werden, ist vor allem eines: Theorie. Solange die Produktion, Lieferwege und der Vertrieb in der Wirtschaft nicht auf Vorkrisenniveau sind, wird der Druck auf die Werbebudgets weiter anhalten“, fasst Andreas F. Schubert, Präsident des ZAW, die Einschätzung des Präsidiums zusammen.
Der Shut Down birgt nach Ansicht des ZAW-Präsidiums die Gefahr struktureller Verwerfungen innerhalb der Werbe- und Medienwirtschaft. Es drohen, selbst wenn die Maßnahmen zum Infektionsschutz lediglich regional oder eingeschränkt weitergeführt werden, schwer rückholbare Konsequenzen. Die Existenz tausender Unternehmen der mittelständisch geprägten Branche, ihre Vielfalt, Innovationskraft, Qualität und Wettbewerbsfähigkeit, letztlich der Wettbewerb selbst, stehen im Feuer und damit zugleich ein namhafter Teil der rund 900.000 Arbeitsplätze in der Branche.
Um dazu beizutragen, dass auch nach ausgestandener Krise noch ein funktionierender und wettbewerbsfähiger Medien-/Werbeträger-, Agentur-, Produktions- und Dienstleistermarkt für die Marktkommunikation der deutschen Wirtschaft besteht, appelliert das ZAW-Präsidium an die Politik und die Branche:
- Die Durchführung des am 6. April richtigerweise beschlossenen neuen Hilfsprogramms zur Schließung der Mittelstandslücke muss im Hinblick auf die vereinfachte, aber weiterhin erforderliche, Bonitätsprüfung optimal administriert werden. Die Zeit drängt. Solange gesundheitspolitische Maßnahmen zum Schutz vor Neuinfektionen bestehen, stehen gezielte weitere Verbesserungen für unbürokratische Soforthilfen mit voller Staatshaftung zur Liquiditätssicherung der mittelständischen Unternehmen weiter auf der Tagesordnung. Der beschlossene Zinssatz des Soforthilfeprogramms ist für den Bund (nach der Krise) attraktiv, er liegt über dem Niveau bei anderen Förderprogrammen. Insofern dürfen Verbesserungen nicht ausgeschlossen werden.
- Mehr denn je erforderlich ist ein solidarischer Lastenausgleich zwischen allen Marktteilnehmern aller Größen innerhalb der Werbewirtschaft. Die Werbungtreibenden können in besonderer Weise mit ihrem Engagement im Werbemarkt dazu beitragen. Dies ist auch im wohlverstandenen Interesse von Marken und Unternehmen. Eine vom ZAW (vor der Corona-Krise) erstellte umfassende Analyse empirischer Studien belegt, dass kurzfristige Ausrichtungen oftmals ineffizient sind. Die Daten zeigen, dass Werbung in Rezessions- im Vergleich zu Wachstumsphasen nicht geringer wirkt und zu nachhaltigen Wettbewerbsvorteilen führen kann. (transfer – Zeitschrift für Kommunikation und Markenmanagement, 2020, S. 6 ff, https://zaw.de/prozyklisch-oder-antizyklisch-werben-analyse-der-empirischen-studienergebnisse-in-der-corona-krise-aktueller-denn-je/)
- Gesundheitsschutz und optimale Rahmenbedingungen lautet die Devise in der Wirtschaftspolitik, um den Neustart erfolgreich zu gestalten und dafür Sorge zu tragen, dass qualifizierte Beschäftigung und Konsum in Deutschland und Europa zukünftig wieder entstehen. Bund, Länder und die EU müssen die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen jetzt stärken. Deutschland und Europa brauchen hierfür einen durchsetzungsstarken Belastungs-TÜV. Es muss sichergestellt sein, dass bestehende oder vor der Krise geplante Gesetze und Regelungen, die hemmende Wirkung entfalten oder – besonders wichtig – die Refinanzierung von Medienangeboten gefährden, aussortiert werden und wachstumsfreundlichen Konzepten und Maßnahmen Vorfahrt eingeräumt wird. Dies ist beispielsweise bei Änderungen der datenschutzrechtlichen Bestimmungen des Telemediengesetzes und den Vorschlägen zur ePrivacy-Verordnung zu berücksichtigen. Ein solches Belastungsmoratorium wird sich auszahlen und als vertrauensbildendes Signal nationaler und europäischer Politik verstanden werden.